Montag, 2. Februar 2015

Drehbücher übersetzen

Hal­lo und herzlich will­kom­men. Hier bloggt ei­ne Über­setz­er­in und Dol­met­sche­rin für die fran­zö­si­sche Spra­che. Meine Kunden kommen aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Soziales und Kultur. Dieser Tage dreht sich einiges um Film.

Hände (der Autorin) mit viel Energie
Von Bach senior ist über­lie­fert, dass seine Kinder oft zur Stunde seines Einschlafens auf dem Tasteninstrument im Nebenzimmer aufspielen durf­­ten, um das Hin­über­glei­ten des Alten musikalisch zu begleiten. Die Tür zum Ne­ben­zim­mer war nur an­ge­lehnt, so dass die gleich­mä­ßi­ger werdenden Atemzüge des Schläfers zu hören waren.

Da soll sich wohl manches Mal ein Spross des Komponisten bereits vor Beendigung des Musikstücks aus dem Zimmer geschlichen haben. Der Überlieferung zufolge sei JSB daraufhin regelmäßig auf­ge­wacht und zum Instrument geeilt, um den Schluss­ak­kord zu spielen.

An diese Szene werde ich gerade wieder erinnert, als ich ein Drehbuch aus dem Französischen übertragen darf, in dem sich etwas ähnliches abspielt. Ob der fran­zö­si­sche Drehbuchautor diese Szene auch vor Augen hatte?

Vor das Festival hat der Gott des Films das Drehbuchschreiben gesetzt, im Falle von internationalen Koproduktionen und Festivalteilnahmen folgt rasch deren Über­setz­ung. Ich liebe Drehbuchübersetzungen. Ich ziehe mich gerne über Tage und Wochen in eine Thematik zurück, lese zum Stoff, male mir bei Bedarf Wort­fel­der, Redewendungen und Zitate aufs große Wandplakat, um stilistisch durchgehend zu texten.

Drehbuchübersetzungen fühlen sich stellenweise wie "Nach­dich­tung­en" an. Sie haben einen hohen kreativen Anteil. Ich darf z.B. auch Ar­beits­spu­ren, wie später eingeflochtene Passagen, die mir aufgrund zu vieler Wie­der­ho­lun­gen derselben Begriffe oder anderer Unstimmigkeiten auffallen, be­sei­ti­gen und damit das Buch eleganter gestalten, als es in der Vorlage ist. Ziel ist, dass sich auf der be­vor­ste­hen­den Berlinale deutsche Produzenten, Geldgeber und Re­dak­teu­re aufgrund der deutschen Fassung für das Filmprojekt begeistern.

Die Computertastatur heißt auf Französisch le clavier. Texte sind dann gut, wenn sie klingen, als wären sie Musik. Ich bin immer wieder froh, wenn ich meinen per­sön­li­chen Schluss­akkord selbst setzen kann, der darin besteht, den eigenen Namen in die letz­te Zeile zu tippen. Diese Nennung ist wichtig, denn es lassen sich, wenn alles gut läuft, später daraus Urheberrechte an der Übersetzung ableiten.

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Foto: © 2015 Peter Panorama Pictures

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