Sonntag, 11. Januar 2015

Karikaturen übersetzen

Willkommen liebe Leserin, lieber Leser, auf den Seiten meines digitalen Ar­beits­ta­ge­buches. Ich bin Dolmetscherin und Übersetzerin. Da meine Haupt­ar­beits­spra­che Französisch ist, haben mich die Ereignisse in Paris sehr mitgenommen.

Charlie Hebdo ist das: Frech, direkt, respektlos, ohne Denkverbote und Grenzen, oft geschmacklos und dreist. Aber auch wenn mir nicht alle Zeichnungen gefallen, die das satirische Wochenmagazin veröffentlicht, so steht für mich außer Frage, dass Presse- und Meinungsfreiheit die Grundfesten der Demokratie sind.


Natürlich ist jede Übersetzung auch Interpretation. Sie kann Bedeutungsebenen wegnehmen, aber auch welche hinzufügen. Man muss nur im gleichen "Feld" blei­ben. Ein kleines Beispiel: Abattre heißt "abknallen", "totschießen", aber je nach Kon­ju­ga­tion auch "nie­der­ge­schla­gen/mutlos sein". Diese Bedeutungsvielfalt war in der deutschen Fassung mangels Vokabeln nicht möglich. Also kam es zu einer Ver­schie­bung, die aber der Welt der Karikaturisten entspricht. Beim literarischen Über­setzen ist dieses Waag­scha­len­prin­zip einfacher, da 'verspielt' sich das über die Zei­len hinweg.

Beim Übersetzen von Karikaturen sind diese Verschiebungen notwendigerweise größer und sichtbarer, weil alles auf kleinem Raum stattfindet und weil manchmal auch eine Art "Geolokalisierung" stattfinden muss, wenn zum Beispiel auf lo­kal­po­li­ti­sche oder kulturelle Besonderheiten angespielt wird.


Weitere Karikaturen (ohne Analyse): 2. Teil, 3. Teil
Tags: #JeSuisCharlie, #GenerationCharlie
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Karikatur: WKINO. Die Bilder können
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