Donnerstag, 24. Mai 2012

zu verwirrlich

Hello, guten Tag, bonjour ... beim Dolmetscherblog aus Berlin, dem ersten virtuellen Arbeitstagebuch über Dolmetschen und Übersetzen aus dem Inneren der Kabine bzw. vom Übersetzerschreibtisch. Ich biete beides an, immer bilateral Deutsch-Französisch bzw. aus dem Englischen (Dolmetschen) und ins Deutsche (Übersetzen). Andere Sprachen bieten meine Netzwerkkollegen an. Und auch wenn das mit den gesprochenen und geschriebenen Idiomen auf viele sehr feinstofflich wirken mag, bin ich immer dann, wenn ich unsere Arbeit beschreiben soll, um handfeste Vergleiche nicht verlegen.

Meine kleine Logline ist leider noch nicht bekannt genug, denn manche telefonischen Anfragen klingen komisch bzw. ich frage immer sehr genau nach, was denn nun gebraucht wird, wenn ein potentieller Kunde anruft. Beispiele gefällig?

Der Klassiker sind Leute, die anrufen und wissen wollen, ob sie mit einer Dolmetscherin sprechen. "Ja, was kann ich für Sie tun?" Dann kommt etwas mit Urkunden, die zu übersetzen seien. Auch schön: "Was kosten Sie denn als Dolmetscherin so pro Seite?"

Französische Übersicht, wie die verschiedenen Fleischarten je Körperteil beim Rind genannt werden
Dem entspricht, wenn die Frage aufkommt, ob wir auch als "Sychnronübersetzer" arbeiten würden. Olle Kamelle, "Synchron" ist die Vertonung von Filmton oder aber es findet als Sportart im Schwimmbad statt, beim Synchronschwimmen. Wir sind Simultan...dolmetscherinnen, um ganz genau zu sein.


Eben erkläre ich das am Telefon. Ich spreche nicht schnell, bin noch nicht ganz wach, Kind ist in der Schule, die ersten Büroanrufe reißen mich seit zehn Uhr aus einer Übersetzung. "Das ist mir jetzt aber doch zu verwirrlich", sagt der Anrufer, der ein Franzose ist. (Moment mal, wie kommt der denn jetzt auf verwirrlich? Das hat unser kleiner Schatz mal mit viereinhalb gesagt ...)

Ich sage ungefähr dies: Die Unterschiede zwischen Übersetzern und Dolmetschern sind denen der französischen bouchers und charcutiers nicht unähnlich. Gemeinsam ist ihnen, dass sie tote Tiere stückweise für den menschlichen Verzehr verkaufen. Ein boucher ist ein Metzger, der charcutier indes ist mehr für die feinen Wurstwaren zuständig. Was denn nun jetzt was sei, will mein telefonvirtuelles Gegenüber von mir wissen. Ganz logisch: Die Dolmetscher sind die Metzger, hier geht's schnell, das Tier wird vom Leben in den Tod befördert, es geht um große Stücke. Die Übersetzer sind jene, die mit mehr Zeit und manchmal mehr Raffinesse an den Stücken arbeiten können, ganz so, wie die charcutiers auch, deren Läden oft mehr in Richtung Feinkost gehen.

Nee, ich denke mir heute kein zweites Motto aus, überhaupt, wie komme ich als eingefleischte Vegetarierin überhaupt zu solchen Analogien? Hm, könnte es vielleicht sein, dass ich schon wieder Hunger habe? Zeit fürs Mittagessen ist noch nicht, aber für ein zweites Frühstück ... vielleicht. Mahlzeit!

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Foto: C.E.

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