Donnerstag, 1. September 2011

Drehbücher übersetzen

Heute hatte ich wieder zwei Kostenvoranschläge für Drehbücher in der Mache. Ich liebe es, Drehbücher von einer in die andere Sprache zu übertragen, auch wenn mir das immer viel Disziplin abverlangt.

Als Übersetzerin habe ich fast ich einen nine to one-job, genauer: ich übersetze von 8.30 bis 13.30 Uhr. Ich bin nach Stundenplan kreativ, was mich viel Konditionierungsarbeit gekostet hat.

Ein durchschnittliches Drehbuch ist 100 Seiten oder 110.000 Anschläge lang. Die Übersetzung macht stunden- und wochenlanges Sitzen notwendig. Die ersten Tage merke ich dabei immer, dass ich eigentlich ein motorischer und kommunikativer Typ bin. Wenn ich erstmal drin bin, entsteht der Flow jeden Morgen, sobald ich mich an den Schreibtisch setze.

Dolmetschen beim Dokumentarfilmdreh
Ich liebe das Schreiben, bin fast eine Art Schreibjunkie, daher geht's morgens immer beizeiten los, ich arbeite dann konzentriert bis zum frühen Nachmittag. Dabei korrigiere ich auch immer selbst, was ich am Vortag übersetzt habe. Nach zehn Tagen steht die Rohfassung.

Danach nehme ich Abstand und das Buch wandert zu einer Kollegin, mit der ich Lektorate tausche. Anschließend arbeite ich mich an den Notizen der Kollegin ab, das ist das Schleifen, was wieder einige Tage lang dauert. Je weiter ich vorankomme, desto öfter lese ich Passagen laut. Am Ende lese ich das Buch noch einige Male laut, bis es so klingt, als wäre es auf Deutsch geschrieben.

Insgesamt brauche ich so für eine durchschnittliche Übersetzung drei Wochen. Die Bücher ringe ich mir selbst ab, es ist harte Arbeit, auch wenn ich das Schreiben so liebe, dass ich ohne diese Tätigkeit gar nicht mehr leben könnte. Aber auch das Schreiben nach einer Vorlage, die Reproduktion von Bestehendem in einem anderen Idiom und möglicherweise mit anderen kulturellen Konnotationen, ist kreative Arbeit, und die geschieht eben weder en passant noch als nine to five job.

Dass ich ebenso kontrolliert wie konzentriert kreativ sein kann, liegt ebenso an der Erfahrung wie am Studium. Diesen Etappen verdanke ich Wissen und Methodik. Wichtig ist auch mein einstiges Training als Radiojournalistin, damals lernte ich "mit den Ohren" zu schreiben. Und bei meinen Ausgangstexten kenne ich nur bei Argot oder anderen Soziolekten Verständigungsschwierigkeiten. Damit ich diese Stolperer nicht wiederhole, notiere ich mir viel und lerne die Begriffe dann nachmittags und in den Wochen zwischen den Einsätzen. Mein Französisch wächst täglich ... und verfestigt sich in der Nacht. Ich habe in Frankreich studiert und träume meistens auf Französisch, da ich vor dem Schlafengehen gern französische Bücher lese oder französischsprachige Radiosendungen höre.

Regelmäßig muss ich raus an den Set oder in die Kabine oder auf Delegationsreise, denn so viel im heimischen Büro zu hocken tut mir nicht gut.

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Foto: Peter Elias

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