Montag, 6. September 2010

Lehrgeld

Der Berufsalltag von uns Sprachmittlern kann manchmal so ernüchternd sein wie ein Regentag nach einem Sommerwochenende, auch, was die Vorbereitung auf den Beruf angeht. Hier wieder der Blick auf meinen Schreibtisch.

Mein Balkon, gesehen vom Sekretär,
an dem ich meine Vokabeln pauke
Neulich erhielt ich eine Mail mit der Anfrage, wie hoch denn eigentlich der "Ausbildungsverdienst" bei Übersetzern und Dolmetschern vom 1. bis zum 3. Ausbildungsjahr sei und welche Noten ich denn fordern würde.
Ich schrieb zurück, dass es kein Lehrgeld gebe, dass die Ausbildung an privaten Dolmetscherschulen sogar etwas koste und dass Lebensunterhalt und diverse Auslandsaufenthalte auf jeden Fall selbst zu zahlen seien.

Da erhielt ich die Gegenfrage, ob denn Abitur Pflicht sei oder ob der Besuch einer Berufsschule reiche. Man könne übrigens ganz gut Englisch und habe zwei Jahre in Spanien als Teenager zugebracht ... Ähnlich, aber mit der Kombination irisches Englisch und Portugal, gestaltete sich die Lebenslage bei einem anderen sehr jungen Menschen, der lieber gestern als morgen für uns ein Drehbuch übersetzt hätte.
 
Hat da irgendwo ein Dolmetscher zu viel vom "Schulbank drücken" gesprochen? Oder werden wir mit "Fremdsprachenkorrespondenten" verwechselt? Logisch, auch wir schreiben Briefe, manchmal sogar in uns einst fremd gewesenen Idiomen.

Lieber Nachwuchs, der Beruf Dolmetscher/Übersetzer setzt keine Lehre voraus, sondern viele Jahre Studium — am besten direkt im Ausland. Und anstatt anschließend sofort ein regelmäßiges Einkommen zu erzielen, müssen später jene sogar ihr "Lehrgeld" zahlen, die nicht zusätzlich noch betriebswirtschaftliche und juristische Grundlagen gepaukt haben. So schaut's aus mit dem Lehrgeld!

Und lieber nicht mehr ganz so blutjunger Leser, der Sie hier nach Einstiegen in den Beruf nach dem Studium gefragt haben: Ich arbeite an einer Antwort, habe leider noch zu wenig Rückmeldung vom mir bekannten Nachwuchs. Ich hoffe, den kleinen Beitrag heute in acht Tagen hier veröffentlichen zu können.

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Foto: C.E.

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