Samstag, 30. Juni 2007

Zeit!

Neulich bei einer Konferenz: Der Redner wird vom Moderator vorgestellt. Der Repräsentant des Veranstalters schließt mit den Worten: "Freuen Sie sich auf eine Viertelstunde voller spannender Einblicke in den Alltag des Soundso-Institutes."

Der Redner geht ans Pult. Sagt mit bitterer Miene, man habe ihm 20 Minuten zugesagt und er hätte ja mindestens 25 Minuten gebraucht. Darauf der Moderator freundlich und bestimmt, er habe jetzt 15 Minuten gesagt, weil ohnehin ja alle länger sprächen, am Ende würden es ja ohnehin meist 20 Minuten.

Der Redner kräuselt die Stirn. Legt sein Manuskript aus der Hand, sagt, selbst das reiche nicht aus, um die Grundlagen der Grundlagen zu klären. Und fängt an zu sprechen: Hastig und ungehalten, wobei er immer wieder Silben verschluckt.

Hätte ich den Rednertext, den ich zum Glück eine Woche im Voraus bekommen habe, nicht vorher gründlich bearbeitet, ich wäre als Dolmetscherin untergegangen. Der Redner vergaß die Struktur seines Vortrags, er vergaß wichtige Definitionen und Erläuterungen, unterbrach immer wieder die eigenen Gedankengänge und gab dann mehr Einzelbeispiele als nötig, zwischendurch verlor er sogar den Faden.

So konnte ich, weil ich Struktur und Problematik des Vortrags gut im Kopf hatte, an zwei Stellen vorsichtig einen Viertelsatz einfügen oder mal ein erklärendes Wort nachschieben und, das ist das Wichtigste: ich konnte Ruhe bewahren.

Das mit den minimalen Ergänzungen ist heikel, widerspricht unserer Aufgabe und sollte nur in extremen Ausnahmefällen wie diesen geschehen. Ich kenne das Thema ganz gut, es ging um Filmwirtschaft; bei anderen Inhalten hätte mich mir das auch nicht zugetraut.

Eben gerade habe ich die Anschläge des Redemanuskripts von Word zählen lassen, und da 1800 Anschläge etwa zwei Sprechminuten entsprechen, konnte ich leicht ausrechnen, dass der Vortrag, wäre er so gehalten worden wie er geschrieben wurde, 46 Minuten lang gedauert hätte.
Und die Moral von der Geschicht: Übt reden! Geht in Toastmasters-Clubs und schaut dabei immer auf die Uhr. Achtet auf die Zeit!

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