Montag, 31. Oktober 2016

Bringen Sie eine Uhr mit!

Hier schreibt und denkt eine Übersetzerin und Dolmetscherin, derzeit in Berlin. Ich arbeite aber auch in Paris, Brüssel, München, Hannover und dort, wo Sie mich brauchen.

Junger Mann mit großer Küchenuhr in der Hand.
Uhr auf dem Kopf
Berlin, Landesprüfungsamt. 1. Prüfungstag für die staatliche Prüfung für Übersetzer. Wir sind siebzehn, die an diesem Tag sich dem ersten Teil des Prü­fungs­ma­ra­thons stellen.

In der Einladung standen ziemlich streng drei Dinge: Bringen Sie einen schwarzen Kugelschreiber mit, keine Hilfsmittel sind zugelassen (die letzten Prüfungen habe ich immer mit einsprachigen Wör­ter­bü­chern schreiben dürfen) und bringen Sie eine Uhr mit.

Heute haben alle Mobiltelefone mit in­te­grier­ter Uhr. Einer der Prüflinge hat die Bitte aus dem Brief wörtlich genommen.

Ich setze mich der Prüfung aus (zwei Tage schriftlich, zwei Hausarbeiten, münd­li­che Prüfungen), damit ich einige der Geflüchteten, die ich betreue, auch bei ad­mi­nis­tra­ti­ven Gängen offiziell betreuen darf. Eigentlich habe ich Abschlüsse, die die­se Etappe beinhalten, sie stammen aber aus Frankreich und die Anerkennung ist nicht automatisch gegeben. Welcome to Europe! Die Sache bis zur letzten Instanz durchzuklagen wäre teurer, als die Prüfungen einfach nochmal zu machen.

Während ich da sitze und schreibe, stelle ich mir trotzdem viele Fragen. Wie nah soll ich dran sein am Original? Wie weit weg darf ich sein? Ich tendiere nor­ma­ler­wei­se immer zum "recht weit weg". Manche Übersetzung, die ich erarbeite, ist mehr ein Re-writing, und wenn ich für Arte Texte übertrage, wird das Ergebnis in der Regel nochmal nach journalistischen Kriterien weiterbearbeitet. Mal sehen, ob ich bestanden habe.

Vokabelnotiz
Wanduhr — horloge
Armbanduhr — montre-bracelet
Uhr/Stunde — heure
Uhr mit Pendel — pendule
Uhr — chrono (fam)

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Foto: C.E.

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