Freitag, 6. Februar 2015

Berlinalegeflüster, eilig

Hallo und will­kommen auf den Sei­ten des di­gi­ta­len Ar­beits­ta­ge­buchs einer Dol­met­scherin mit den Fachgebieten Politik, Wirtschaft, Kultur und Kino. Derzeit bin ich mit einem Bein auf der Berlinale und habe auch noch Kapazitäten frei.

Blick aus dem Festivalpalast auf den roten Teppich
POV Dolmetscherin auf roten Teppich
Berlinale mit neuem Spielort Küche, die Zwote. Das Gute zuerst: Wir Dolmetscher können vorab jetzt immer unsere Ar­beits­fil­me sehen. Nun in Moll: Nur selten sehen wir sie im Kino, sondern als Streaming im Büro oder zu Hause. Dazu gibt es feste Sichtungstage, dabei darf darf das Brow­ser­fenster nicht schließen und neu an­fan­gen wollen, sonst ist der Film perdü.

Das Programm darf auch nicht abstürzen. Denn wenn ich nach 18.00 Uhr sichte (ab dann ist der |Betreuer| Com­pu­ter­nerd in der PR-Agentur nicht mehr er­reich­bar), kriege ich das Filmende erst am Folgetag zu Gesicht. Also kein Ausstieg bitte, lieber Rechner, denn der Film ist für den Abend.

Die Honorarverhandlungen gestalten sich heuer manchmal als bizarre bizarre, vous avez dit bizarre! An diese Replik aus Drôle de Drame von Marcel Carné muss ich denken bei dem, was ich (mich sagen) höre. Komisch also.

Ein Kunde splittet Interviews und Sichtung in drei Phasen auf. 1. Tag: Sichtung in einer Marktvorführung, anschließend 20 bis 30 Minuten Kurzinterview. 2. Tag: Zwei Interviews fürs TV von je 30 Minuten. 3. Tag (oder 2. Tag abends): Drei Runden press junkets, also Gruppeninterviews. Für die ganze Luzie möchte er 250 Euro springen lassen. Inklusive An- und Abreisen, etwas Zeitpuffer vorneweg und Sehen eines früheren Films des filmkünstlerisch tätigen Menschen kämen wir da auf 42,43 Euro die Stunde. Zuerst hat mich aber erstmal der Zeitaufwand geschockt.

Schon 2014: Kitchen Films
Was für ein Gerenne! Aber es könnte passen, trotz aller Eiligkeit. Ich nenne unsere normalen Preise und die Gründe dafür. Wir verhandeln wie die Besenbinder. Dann glaube ich, mich verhört zu haben: "Ja, dann heiraten Sie doch reich!", lässt der Anrufer fallen. Zum Glück bin ich spontan: "Sind Sie eigentlich noch zu haben?" Es entsteht eine peinliche Pause.

Sie dauert verdammt lang an. Dann erschallt befreiendes Lachen, dem Anrufer wird die Absurdität seiner Bemerkung bewusst. Wir einigen uns auf einen Preis, der sich für beide Seiten gut anfühlt.

Verhandeln gehört zum Geschäft. Notiz an mich: Das war jetzt eine Filmszene. Aber von keinem guten Film.

Hier noch bizarre, bizarre, weil's immer wieder schön ist!

                 
           Louis Jouvets Worte haben Sprichwortcharakter in Frankreich


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Fotos: C.E.

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