Montag, 2. Juni 2014

Architekturfranzösisch

Ab­sicht­lich oder zu­fäl­lig ha­ben Sie mei­nen Blog an­ge­steuert. Hier schreibe ich re­gel­mä­ß­ig über mei­nen Berufsalltag als Dolmetscherin und Übersetzerin, aber auch ganz all­ge­mein über die Arbeit von Sprachmittlern. Ich kehre gerade von einer Stu­dien­rei­se zurück, ihr Ziel war ... mein derzeitiger Wohnort Berlin!

"Die französische Sprache ist poetischer, die deutsche konkreter, technischer", sagt Tankred, ein junger Architekt aus Deutschland, der in Frankreich lebt, "so ist es mit den Übersetzungen nicht immer einfach." Ich nicke und flüstere Regina, einer zweiten deutschen Architektin, die in Frankreich lebt, rasch zu, was Holzpellets auf Französisch heißt, les granulés de bois, denn sie sucht nach der Vokabel, bevor sie mit einem Teil der französischen Gruppe einen Heizkeller besichtigt.

Sonst bin ich diejenige, die ständig Vokabeln nachfragt, denn ich bin ein ver­län­ger­tes Wochenende lang mit Architekten, Ingenieuren und anderen Baufachleuten auf Erkundungstour. Mal dominieren Fragen der Technik, es geht um Wände aus Leicht­be­ton (béton allégé) oder in Lehmbauweise (le pisé) gebaut, ein andermal liegt der Fokus auf Re­no­vier­ung und Umbau, wir besichtigen die Hufeisensiedlung und ein ehe­ma­li­ges Kran­ken­haus ("Am Urban").

Immer wieder wird bei der Art des gemeinschaftlichen Zusammenlebens nach­ge­hakt. Wir denken über genossenschaftliches Wohnen ebenso nach wie über in­di­vi­du­el­le Situationen und Baugemeinschaftsprojekte, Baugruppen genannt, die an­schlie­ßend eine mehr oder weniger in­ten­si­ve Form gemeinschaftlichen Zu­sam­men­le­bens anstreben.

Begriffliche Abgrenzungen beschäftigen uns bis in die Mittagspausen hinein. Ge­mein­sam mit einer Pariser Journalistin loten wir diese unterschiedlich intensiven Formen sprachlich aus und stellen fest, dass der bislang verwendete Begriff ha­bi­tat groupé, Gemeinschaftswohnen, allenfalls als Überbegriff taugt. Hier ist noch viel terminologische Arbeit zu leisten.

Ein schönes Beispiel gemeinschaftlichen Bauens und Wohnens in seiner "vollen Aus­prä­gung" besichtigen wir dann in Johannisthal: Hier wird nicht nur gemeinsam Wär­me produziert, auch die Autos und den Garten mitsamt Festsaal nutzen alle. Und einige ältere Menschen, die schon im Ruhestand sind, kümmern sich als Wahl­ver­wandte mit um die Kinder der Be­rufs­tä­ti­gen.

Dann wenden wir uns wieder Fragen der Wärmedämmung zu. Meine Kritik der Wärmedämmverbundsysteme mit Styropor (im Baubereich: polystyrène expansé) trifft auf Zustimmung. Ich kenne jetzt Alternativen.

Weiter geht's im Text. Heute bereite ich weiter ein Arte-Projekt vor. In den kom­men­den Wochen folgt täglich eine Stunde lang die Nachbereitung dieser Bil­dungs­tour. Ziel ist die Erstellung einer Fach­wör­ter­liste sowie einer Sammlung von Texten und Links für die Kolleginnen. Die nächste Konferenz oder Stu­dien­rei­se zum Thema kommt bestimmt.


Vokabelnotizen
Das deutsche Wort Farbe ist nicht immer leicht zu übertragen.
die Farbe (Material) — la peinture
die Farbe (Farbton) — la couleur
Für Geländer gibt es auf Französisch Begriffe mit fließenden Ab­gren­zun­gen.
das Geländer — le garde-corps 
das Geländer — la balustrade
die Brüstung — la rambarde
der Handlauf — la main courante
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Collage: C.E. (Merci beaucoup à bâtir sain)

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