Mittwoch, 9. April 2014

Definitorisches

H­allo! Hier bloggt eine Sprach­arbei­ter­in. Was Fran­zö­sisch­dol­met­scher und -über­setzer umtreibt, wenn ihre Arbeitsschwer­punk­te Wirtschaft, Politik, Soziales und Kultur sind, lesen sie hier. Da­ne­ben arbeite ich auch mit der eng­li­schen Spra­che. Diese Woche: Definitorisches.

Giselle Chaumien, eine Übersetzerkollegin, schrieb diese Woche über den Un­ter­schied zwischen Übersetzen und Dolmetschen. Ich durfte ihr ein wenig helfen und Zitate zuliefern. Was ist also Dolmetschen?

Versteckt in der Kabine
Dolmetschen ist die nahezu zeitgleiche Übertragung ge­sprochener Sprache in ein anderes Idiom. Wir Dol­met­scher sind Sprachjongleure und wirbeln dabei nicht nur mit Sprachen umher, sondern auch mit Ideen und An­spie­lun­gen. Dazu müssen wir neben den Sprachen auch die kul­tu­rel­len Unterschiede kennen.

In der Regel haben wir lange studiert, verfügen oft selbst einen biografischen Hin­ter­grund, der diese Kenntnisse mit sich gebracht hat, und müssen ausdauernd, stress­re­sistent und uneitel sein, denn wir bleiben stets im Hintergrund.

Dolmetschen findet in Echtzeit statt, oft in der Kabine, gelegentlich auch vor Ort in diversen Hinterzimmern der Politik, unterwegs bei Delegationsreisen oder im Rundfunk. Eine besondere Art des Dolmetschens ist das Bühnendolmetschen, zum Beispiel bei Literatur- und Filmfestivals. Hierfür bietet es sich an, eine gesonderte Sprechausbildung und sogar Schauspielunterricht zu nehmen, denn der/die Sprach­mitt­ler/in muss neben den geschulten Stimmen der schauspielenden und mo­de­rie­renden Zunft bestehen.

Dazu gilt es, die natürliche Angst vor dem Rampenlicht zu überwinden. Das Gros der Dolmetscher empfindet das als zusätzliche Belastung und fühlt sich im Dunkel der Kabine sicherer.

Anders als Übersetzer, die auf der Basis von Texten und in ihrem eigenen Rhythmus arbeiten können, haben Dolmetscher nur in Ausnahmefällen die Zeit und die Mög­lich­keit, fehlende Begriffe nachzuschlagen. Hier kommt der/die Teampartner/in ins Spiel. Dolmetschen ist sehr anstrengend, weshalb wir uns etwa alle 20 bis 30 Minuten abwechseln. Jeweils "pausierende" Dolmetscher können manchmal pa­ral­lel noch Begriffe nachschlagen, die überraschend auftreten, oder Termini no­tie­ren, die im Rahmen der Veranstaltung verwendet werden und die mög­li­cher­wei­se nicht im Vorbereitungsmaterial vorgekommen sind.

Dolmetschen für Radio Eins (Knut Elstermann)
Das von meiner Über­setzer­kol­le­gin Giselle aus­ge­wähl­te Zi­tat: "Dol­metscher helfen dort bei der Ver­stän­di­gung, wo Menschen keine ge­mein­sa­me Sprache haben. Wir müs­sen neben den Sprachen viele weitere Dinge wissen und kön­nen. Wenn am Ende alle sagen: 'Es war ja ganz so, als hätten wir direkt mit­ein­an­der kommuniziert', war die Arbeit wohl gut."

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Foto Kabine: Marco Urban — Fotojournalist
Foto Radio: Petra Hippler

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