Mittwoch, 22. Januar 2014

Geheimnisse

Hallo, WAS Dol­­met­­scher und Über­­setzer ma­chen, hat sich in der Öf­­fent­­lich­­keit rum­­ge­­sprochen. WIE sie arbeiten, allerdings eher nicht. Darüber schreibe ich hier regelmäßig in meinem digitalen Arbeitstagebuch.

Der gestrige Blogeintrag wurde sehr viel gelesen, die Fakten in einer news group diskutiert. In der Tat findet der potentielle Dolmetsch- und Übersetzerkunde nicht leicht zu seinem idealen Anbieter.

Im Theater: Blick aus dem Tonraum, improvisierte Dolmetscherkabine, auf die Diskutanten im Bühnenbereich
Fachdolmetscher mit Weitsicht
Aufgrund des Eintrags bekam ich auch man­che Mail. Eine Kollegin fasste zu­sam­men: "Die meisten Menschen brau­chen im Leben ja nur sehr selten Dolmetscher. Da­her wissen sie nichts über unsere Bran­che. Sie denken nicht selten, dass Agenturen die bessere Arbeit liefern, weil sie größer sind und die Mitarbeiter festanstellen, die Qualität also einer regelmäßigen Kontrolle untersteht. Dass Agenturen nur ihre Mit­ar­bei­ter fürs Pro­jekt­ma­nagement, die Buch­hal­tung usw. anstellen, weiß "draußen" fast niemand. Dass sie sich oft jene, die den Auftrag dann als Subunternehmer aus­füh­ren, schnell aus dem Branchenbuch oder einer eigenen Kartei fischen und sich dabei in der Regel für das billigste An­ge­bot ent­scheiden, ahnen die Kunden nicht."

Vielen Dank, Julia! Gut beschrieben! Und so kümmere mich heute wieder um den Haushalt und eile zu Berlinale-Pressevorführungen, statt Umsatz zu machen. Ge­ra­de sind zwei Kostenvoranschläge draußen: Einmal eine Direktkundin, Film­pro­duk­tions­fir­ma, spannendes Projekt, aber sie können nur 70 % dessen zah­len, was die Arbeit wert ist. (Die Firma ist noch recht jung und versucht ja gerade, für ein neu­es Projekt frisches Filmfördergeld zu bekommen.) Zweitens die Anfrage einer Agen­tur, nicht so spannend aber auch gut, für einen Wirtschaftskunden.

Auf seriöse Agenturanfragen antworte ich, wenn ich Zeit habe. Ich habe einen oberen Durchschnitt als Wunschpreis angegeben. Meine Angst ist nun, dass beide klappen könnten, weil ich für das Wirtschaftsdings mich gerade erst besonders qualifiziert habe. Die Höhe der Kostenvoranschläge ist immer ein Vabanquespiel, also mein eigenes, hohes Risiko, selbst, wenn ich es hier auf zwei Karten verteilt habe.

Dass Agenturen eigentlich Makler genannt werden müssten, hat sich noch nicht rumgesprochen. (Moment mal, haben Makler nicht gesetzlich gedeckelte Pro­vi­si­o­nen? Ich habe in meinem Dolmetscherleben leider schon Momente erlebt, wo gewisse ARGenturen 50, ja sogar 75 % des Honorars für die Vermittlungsleistung kassiert haben.)

Les paquets mystérieux / Die geheimnisvollen Pakete, Kinderkrimi von Caroline EliasHm, vielleicht sollte ich einen schicken Politkrimi schreiben, der im Dolmetscher- und Über­setzermilieu spielt, das skan­da­lös ist und en passant viel über den Beruf vermittelt. Denn wenn die Worte "Dol­met­scher" und "Literatur" fallen, denken alle nur an Javier Ma­rí­as. Was er beschreibt, ist un­denk­bar: in einer Flirtsituation 'falsch' zu dolmetschen.

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Fotos: C.E. (Berliner Festspiele und mein Französischlernkrimi
für Schüler, in dem ich auch eine Dolmetscherin karikiert habe.)

2 Kommentare:

Vega hat gesagt…

Liebe Caro,

na, schon mitten in den Berlinale-PVen? Deine Einträge dieser Woche habe ich wieder aufmerksam verfolgt. Geht ja ganz schön ab bei Dir und Euch.

Eine Bitte: Kannst Du die Karikatur aus dem Kinderkrimi hochladen? Wie kann es sein, dass Du den Berufsstand karikiert hast, wo die Zeichnungen doch von einem Profi-Illustrator stammen, wenn ich mich richtig erinnere?

Gruß von Haus zu Haus,
Bine

caro_berlin hat gesagt…

Liebe Bine,
sorry fürs späte "Freischalten" Deiner Message, zu spät gesehen.

Ja, die Pressevorführungen gehen sogar schon wieder in die Zielgerade. Und das P.S. haste gesehen, gelle?

Grüße!
C