Donnerstag, 1. August 2013

Notenpapier

Was Dol­­met­­scher und Über­­setzer ma­­chen, ist der brei­­ten Öf­­fent­­lich­­keit oft nicht ge­­nau be­­kannt. Hier schrei­­be ich da­­rü­­ber. In me­iner Sprach­­ar­beit ha­­be ich mich auf die Be­­rei­­che Me­dien, Po­li­tik, Kul­tur und Ge­sell­schaft spe­ziali­siert.

War das nicht Nietzsche, der schrieb: "Nur Lakaien sind immer erreichbar!"? In der Sommerzeit hänge ich am langen Bändel des Büros. Eine(r) muss die Stallwache ja machen. Da es heute mobile Technik gibt, kann ich durchaus auch mobil sein, muss aber immer wieder ran.

Wie neulich. Es schüttelt mich beim Gedanken an diese "Nachtwache". Es war eine unfreiwillige Nachtschicht, Medizinisches galt es schleunigst zu transkribieren, damit es der Kollege aus dem Französischen eilig ins Englische übersetzen konnte. Der Job war doppelt grauslich: ganz und gar kein schönes Thema, und dann sandte der Kun­de uns die Audiodatei viel zu spät, wir sollten unseren Termin aber halten. Ergebnis: Siehe oben. Zu Nebenwirkungen fragen Sie bitte Ihren Arzt oder Apo­theker. 

Die Hauptnebenwirkung ist rasch beschrieben: Meine innere Uhr tickte nach Orts­zeit Französisch-Guyana (minus sechs Stunden). Die Rückkehr brauchte dieses Mal urlaubsbedingt länger also die sonst übliche Faustregel "einen Tag zur Nor­ma­li­sie­rung pro Stunde Jetlag." Denn im Juli gab es Kurzreisen, Vollmond und Hitze ...
Indes, das Büro verlangt regelmäßig nach mir, was ja kein Anlass zur Klage ist.

Neulich wollte ich morgens eine Mail an eine Filmproduktionsfirma schreiben. Ich betone das Wort "morgens", das umgangssprachlich auch so viel bedeuten kann wie "nach dem Aufstehen". Es galt, die Mitarbeiterin einer Filmproduktion um einen Da­tei­export ausgehend von professioneller Drehbuchschreibsoftware zu bitten, denn ja, die Arbeit hat längst wieder angefangen, und da wir im Team arbeiten, ist ein PDF als Textgrundlage einer Drehbuchübersetzung unzureichend (um dieses Layout nachzubauen, müsste unsereiner viel auf den Tabulatoren rumdrücken!)

Um die Sache einfach zu machen, schickte ich ein Fotobeispiel. Da ich kein Dreh­buch­bei­spiel zur Hand hatte (bzw. aus Diskretion keins verwenden darf), habe ich rasch etwas selbst getextet. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind, wie immer beim Film, rein zufällig.

Eine Frau kommt langsam zu sich. Sie schiebt sich eine schwarze Schlafmaske von den Augen und nestelt bunte Ohrstöpsel aus ihren Gehörgängen. || DOLMETSCHERIN | Mist! Merde ! Schon so spät! C'est d'jà si tard ! Verpennt! Panne d'oreiller ! || Ein Mann neben ihr, er hat ohne diese Apparatur geschlafen, blinzelt ins Mittagslicht. || MONSIEUR | Erstmal guten Morgen! Und, hast Du wieder im Traum gedolmetscht? Du sagst alles doppelt ...  || (SUBTITLE) | Cette fille me rend dingue ! (*)
(*) Diese Frau treibt mich noch zum Wahnsinn!
(Das französische
fille, Mädchen, geht auf Deutsch nicht.)

Ich muss gestehen: Der Sommerschlendrian strengt an. Spätestens im Herbst wird hier alles wieder ticken wie gewohnt, être reglé comme du papier à musique (wörtlich: "regelmäßig wie Notenpapier", bezieht sich meistens auf Menschen), also reibungslos wie ein Uhrwerk. Und, um nochmal kurz auf Nietzsche zu­rück­zu­kommen, unsereiner ist kein Lakai, wir sind (auch im Sommer) ergebenste Diener in Sachen Sprachmittelei.

Damit verabschiedet sich erstmal
votre très humble servitrice
C.


P.S. zur Technik: Das Layout lässt sich noch leichter von Final Draft exportieren, wenn es nicht über die Schaltfäche "export" als .txt-Datei gespeichert wird, son­dern über "save as" als .rtf-Datei. Warum ist das wichtig? Weil die Datei durch schlichte Änderung der "extension" auf .doc ausgehend von .rtf das Layout mit Tabulatoren wiedergibt, bei .txt müssen dafür viele, viele Leerzeichen herhalten. Und ist ein Abschnitt mit einem Tab erstmal "definiert", lässt sich auch alles ab der 2. Zeile bequem in die Vorlage hineinschreiben. Schluss mit dem Fachsimpeln für heute!
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Foto: C.E.

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