Montag, 31. Dezember 2012

Guten Rutsch!

Alle Jahre wieder: Mein Freuen an der idiomatischen Redewendung "Guten Rutsch ins Neue Jahr!"

Ich nehme Sprache gern wörtlich. Das hängt sicher mit meiner Arbeit als Übersetzerin und Dolmetscherin zusammen. So sehe ich die Rutschpartie vor mir, jauchzende Erwachsene und Kinder auf schönen Holzschlitten. (Die Holzschlitten gibt es noch, aber wo bitte gibt's in unseren Breiten noch Schnee?)

Oder aber ich stelle mir Passanten auf überfrorener Nässe vor, gerne mit Schnee zugedeckt, die ins Schlittern kommen, auf der einen Seite haben wir das eine, am Ende der Rutscherei das neue Jahr.

Gerne übersetze ich die Redewendung ebenso wörtlich für meine französischen Mitarbeiter, Kunden und Kollegen: Bonnes glissades vers l'an 2013 !

Ich wünsche meinen Leserinnen und Lesern einen wunderbaren Jahreswechsel und im neuen Jahr viel Glück, Gesundheit, Freude und Erfolg!

Vor Dienstagabend lässt sich noch einem kleinen Filmtipp folgen, Yves Jeuland hat sich für Arte auf die Spur des Chanson und des Music hall begeben: Paris s'éveille, il est minuit ! (Es ist Mitternacht, Paris erwacht!)

Vier Tänzer und Sänger auf einem Schwarz-weiß-Filmstreifen, Spots machen bunte Punkte
Die Herren hier heißen Les frères Jacques

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Illustration: Arte

Donnerstag, 27. Dezember 2012

abgebrachter Feiertag

Bonjour auf den Seiten eines Logbuchs aus dem Inneren der Dolmetscherkabine. Oft schreibe ich meine Texte am Schreibtisch fertig, denn ich bin auch Übersetzerin für die französische Sprache. In den letzten Jahren habe ich mich auf Medien, Politik, Kino und Gesellschaft spezialisiert. Zum Jahresende geht es im Büro und mit Blogeinträgen weiter.

Einer unserer Großväter kam aus Ostpreußen. So kam zur Begriffsammlung der Bezeichnung der Tage, die wir gerade durchleben, noch einer hinzu, und zwar der "abgebrachte Feiertag". Dieses Wort steht für den dritten Weihnachtstag, der offenbar in Preußen vor langer Zeit ebenfalls ein Feiertag gewesen ist.

Ob weniger oder mehr Feiertage, die Tage "zwischen den Jahren" verführen zur Trägheit und werden mit Lesen, Brett­spielen, dem Betrachten alter Fotos, Kochen und Essen aufs Angenehmste verbracht. Viel einzukaufen ist nicht, zumal die Zuckerbäcker und sonstige Anbieter von Spezereien ohnehin Pause haben, la trève des confiseurs.

Zwischendurch beschäftigen wir uns mit Praktischem. Mutter, Schwester und ich machen erstmal einen flotten Ringtausch mit Handys, denn dem einen Bruder wurde seins gestohlen, er "erbt" ein altes von der Mutter.

Diese wiederum kann künftig ihr neues Smart­phone mit einem nicht mehr genutzten Mobiltelefonchip des anderen Bruders betreiben. Der Vorteil: Wir sparen CO2 ... und Energie beim Abspeichern der Telefonnummern.

Dann haben etliche von uns ihre als Werbe­ge­schenke erhaltenen neuen Kalender mit­ge­bracht, denn das erhaltene Format passt jeweils nicht unbedingt zu den eigenen Gewohnheiten. Einen weiteren Ringtausch später ist jede(r) im Besitz des Wunschkalenders. (Ich bekomme den A3-Kalender, der gegen einen Obolus in die Kaffee­kasse vom Copyshop auf Ring­buch­kalender­format zugeschnitten wird. Kostenersparnis fürs Büro: ca. 15 Euro.)

Und während in der Berliner Wohnung die Mitbewohnerin ihr Weihnachtsfest mit eigenen Besuchsgästen ausklingen lässt, sitzen wir bei den Eltern am Anfang der "Raunächte" (oder "Unternächte") des Winters 2012/13.

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Fotos: C.E.

Sonntag, 23. Dezember 2012

Pause

Willkommen beim Blog einer Übersetzerin und Dolmetscherin. Hier schreibe ich fast täglich über die Besonderheiten unseres Berufsalltags — und sonntags werde ich privat.

Zum Jahresende wünsche ich nur das Beste: Ruhe, Gelassenheit, schöne Stunden im Kreise lieber Menschen, anregende Bücher, vollendete Musik, gute Filme ...! Was für eine schöne Sitte, dass wir hier in den dunkelsten Tagen des Jahres einfach für einige Tage pausieren, Kerzen anzünden und über das Leben nachdenken.

Auch dieses Blog geht in eine kurze Winterpause. Im neuen Jahr erscheinen meine Beiträge wieder regelmäßig.


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Foto: C.E. (Weihnachtsmarkt in Nizza)

Samstag, 22. Dezember 2012

Berufsethos

Bienvenue, welcome und hallo beim allerersten Blog Deutschlands aus der Dolmetscherkabine. Heute, zwei Tage vor Weihnachten, schreibe ich den Eintrag vom Übersetzerschreibtisch aus, der oft in Berlin, manchmal auch in Paris, Nizza oder Hamburg steht. Meine Blognotizen sind dem mitunter abwechslungsreichen Berufsalltag von uns Sprachmittlern gewidmet, stets unter Wahrung dienstlicher Geheimnisse. Was unsereiner neben dem rein Fachlichen beachten muss, wurde neulich kompetent zusammengefasst. Hier mein "Link der Woche".

Die "Generaldirektion Dolmetschen und Konferenzen" des Europäischen Parlaments hat sich um den Preis "Commission Clear Writing Award 2012" beworben und ihn mit einem Ethikhandbuch für Dolmetscher gewonnen.

Principles, guidelines, (r)ules, com(m)on sense
Come on, sense! Leider fehlen hier Buchstaben ...
Der Text ist Alltagsthemen wie Vertraulichkeitsregeln und Dresscodes gewidmet oder zum Beispiel der Frage, wie mit Geschenken umzugehen ist, die im Auftrag der EU arbeitenden Dolmetschern gemacht werden könnten. Das kurze Handbuch kann auch von anderen Interessierten heruntergeladen werden.

Das Werk heißt "Directorate General for Interpretation", © European Commission 2012. Hier folgt der Link zum Leitfaden.

Zur Kampagne für "klare Ausdrucksweise", die hinter allem steht, gibt's zudem noch einen Song, der in Brüssel aufgenommen wurde, genauer: vom Hot Air Vocal Ensemble, also von der Heiße-Luft-Gesangsformation! Sehr schick, auch wenn's mehr wie ein Weihnachtssong klingt. Ach, und sollte es einmal zu einer echten filmischen Umsetzung der Performance kommen, empfehle ich die Mitwirkung von Profis, ich wüsste da wen, dann ist auch das Grundrauschen weg!


P.S.: Der Text selbst bietet auf den letzten zwei Seiten des Dokuments auch Links an, diese können außerhab des Intranets der Europäischen Kommission aber leider nicht geöffnet werden.
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Illustration: GD Dolmetschen und Konferenzen

Freitag, 21. Dezember 2012

Das Leben ist zu kurz ...

... für lange Filme, also jedenfalls manchmal. Da wir den Weltuntergang heute ausfallen lassen, hier die Mitteilung eines meiner früheren Seminarteilnehmer in Sachen Kurzfilm.

Heute, am kürzesten Tag des Jahres, findet erstmals bundesweit der Kurzfilmtag statt. In ganz Deutschland werden 24 Stunden lang Kurzfilme zu sehen sein. Die bisherige Resonanz ist beeindruckend: bereits 140 Veranstaltungen in mehr als 70 Orten sowie Fernsehsender und Onlineportale sind dabei!

Der Kurzfilm als filmische Innovation steht am Beginn vieler Karrieren berühmter Filmemacher. Die AG Kurzfilm nimmt den kürzesten Tag des Jahres zum Anlass, um auf den Kurzfilm als eigenständige Kunstform und Erprobungsfeld des Filmnachwuchses aufmerksam zu machen. Vorbild ist die französische Initiative Le jour le plus court, bei der erstmals 2011 mit äußerst großem Zuspruch in Frankreich der Kurzfilm gefeiert wurde.

Zahlreiche Kinos, Filmfestivals, Kulturinstitutionen und private Initiativen beteiligen sich am ersten bundesweiten Kurzfilmtag. Die Vielfalt und Kre­­­a­­­ti­­­vi­­­tät der konzipierten Beiträge und Veranstaltungsorte sind bemerkenswert: Der Tag wendet sich (fast) an alle.

Es gibt Filme für Kinder und Erwachsene, für Liebhaber des Animations- sowie Experimentalfilms, gemacht von Newcomern oder Oscar-Preisträgern.
Hinterhöfe werden zu Open-Air-Kinos, Eisskulpturen zu Projektionsflächen. Es gibt Kurzfilmprogramme von Filmhochschulen und ganze Kurzfilmfestivals, Filmtheater spielen wieder Kurzfilme als Vorfilme, Bars zeigen japanische Kurz-Animés, Theater laden zu Tanzkurzfilmen ein. Auch in öffentlichen Verkehrsmitteln werden heute Kurzfilme gezeigt.

Durch filmpolitische Lobbyarbeit und die Realisierung zahlreicher Projekte will der Veranstalter des ersten deutschen Kurzfilmtags, die AG Kurzfilm, die öffentliche Wahrnehmung deutscher Kurzfilme im In- und Ausland verbessern und die Be­din­gun­gen hinsichtlich Produktion, Auswertung und Vertrieb optimieren. Für das nächste Jahr wünscht sich die AG Kurzfilm weitere Partner.
Weihnachtsmann, bitte mitschreiben!

Links: KurzfilmtagProgramm, Presse: SpiegelDie Zeit

Info: Tobias Mosig (Pressearbeit Kurzfilmtag) 0351/4045575, presse@kurzfilmtag.com

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Illustration:  AG Kurzfilm — Bundesverband Deutscher Kurzfilm

Donnerstag, 20. Dezember 2012

Tasche und mehr

Hallo beim Blog einer Sprachmittlerin. Heute biete ich hier keinen Blick auf den Schreibtisch, sondern einen in den Rucksack.

Vogelperspektive: Kind sitzt auf dem Boden und räumt schwarzen Lederrucksack aus
Erwachsene Männer sollen sich angeblich stark für den Inhalt von Damenhandtaschen interessieren. Das finde ich mysteriös genug. Warum es auch kleinen Männern so geht, weiß ich erst recht nicht.
Der weltbeste Patensohn jedoch wird im Frühherbst seinen Grund gehabt haben für diese Inspektion. Ich erinnere mich nicht mehr daran.

Mein schicker Lederrucksack jedenfalls war zwar eine sehr teure Angelegenheit, dafür erfreut er mich fast täglich als Schleppmöbel für den Klapprechner auf dem Weg ins Büro, zur Konferenz, zu den Kinderabenden, wenn ich nach dem Ins-Bett-Bringen des Lütten noch arbeiten muss. Die vier Außen- und Innentaschen und das große Fach sind alle eindeutig belegt, so finde ich bei den Previews vor dem geliebten Filmstardolmetschen im dunklen Kinosaal Schreibgeräte, Handy, best book oder Notizblock, Papiertaschentücher für traurige Filme, dicke Socken bzw. Stulpen für die komische Klimaanlage, die den Fußraum so kalt macht, Hautcreme (Totes Meer-Salz) in Flachmannformat, Brillenputztücher im kleinen runden Reißverschlusstäschchen aus Südamerika.

Später kann ich aus dem Rucksack das Ersatzschreibgerät mit integriertem USB-Stick nutzen, die Telefonrechnung dank des separat verstauten PIN-Generators überweisen oder das Geburtstagsgeschenk des schwedischen Möbelhauses fürs Kind abholen.

Hier nicht abgebildet: das leuchtorangefarbene Täschchen für Ladegeräte und Kabel, wenn ich damit rechne, sie unterwegs zu brauchen, das hellblaue Schminktäschchen aus Leder, meine lederne Laptoptasche mit Dokumentenfach, den kleinen Taschencomputer mit Wörterbüchern drauf. Alles hat seinen Platz. Bei kurzfristigen Dolmetschanfragen bin ich innerhalb von fünf Minuten gehfertig. Fernreisen verlangen nach einem Minimum an Gepäck, hier brauche ich durchschnittlich 25 Minuten, ähnlich schnell geht das Auspacken, was auch an den Packtaschen liegt.

Früher brauchte ich für derlei kleine Ewigkeiten und war trotzdem immer nur am Suchen oder Nachkaufen. Ich hatte auch Flugangst und war seekrank, kannte Lampenfieber und Heimweh. Alles vorbei, perdü, fort ohne Schaden! Das sind eindeutig Ergebnisse meines Trainings als Dolmetscherin. Deshalb bringe ich es hier: Ich empfinde das eindeutig als positiv!

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Foto: C.E.

Mittwoch, 19. Dezember 2012

Betrugsmaschen

Bonjour ! Sie lesen hier auf den Seiten des ersten deutschen Blogs aus der Dolmetscherkabine. Wir sitzen dort für Menschen, die beruflich mit Politik, Kunst, Wirtschaft und Forschung zu tun haben, also fast für alle. Neben der Arbeit für Privatkunden übersetzen wir auch. Als Vielreisende schlüpfen wir gern bei Freunden unter — und beherbergen auch Kolleginnen und Kollegen. Ach, Berlin und seine Gästezimmer ...

Unsere private Telefonnummer muss wieder auf die Robinsonliste, um nicht mehr "zufällig" gefunden werden zu können. Leider hat sie ein Betrüger gespeichert und läutet ab und zu hier durch. Ein weiblicher Besuchsgast ist auf zwei Telefonnummern reingefallen, über die wiederholt hier angerufen wurde. Die Frau hat auf "Reply" gedrückt, weil sie dachte, es hätte sich vielleicht ein potentieller Dolmetschkunde auf die Privatnummer verirrt. Abgebucht wurden einmal etwas unter zwei, einmal sogar knapp zehn Euro.

Es handelt sich um Nummern, die auch als sogenannte "Premiumnummern" (numéros surtaxés) gekannt sind. Eigentlich sollten sie irgendeinen Mehrwert bieten.
Mich hatten sie zuvor auch schon erreicht. Ein sehr komisches Gefühl ist das: Das Telefon läutet, man geht dran, die Leitung bleibt einfach stumm.

Und die Nummer, die mit 0900 losing, machte mich misstrauisch. Da ich sie nicht kannte, habe ich sie kurzerhand gegoogelt und fand den Hinweis auf betrügerische Machenschaften. Der ursprüngliche Hinweis ist inzwischen wieder in die Tiefe des Internet abgetaucht. Oftmals reicht ein kurzer Rückruf, um das eigene Telefonkonto erheblich zu belasten.

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Foto: Archiv

Dienstag, 18. Dezember 2012

Dominospiel

Bonjour, hello und guten Tag! Hier bloggt eine Dolmetscherin und Übersetzerin. Meine Arbeitssprachen sind Französisch und (passiv) Englisch, und hier werde ich aktiv für Politiker und Politikberater, Wirtschaftsmenschen und Manager, Kulturschaffende und -mittler, Sozialarbeiter, Lehrer, Forscher und Studenten. Gerne gebe ich mein Wissen auch weiter.

Vogelperspektive: Gelber Tisch und junge Leute, die Domino spielen, die Erste
Die Frankreichexkursion mit Seminar, von der ich gerade zurückgekehrt bin, hat das deutsch-französische Jugendwerk (dfjw) gefördert. Das dfjw hatte einst auch die Aus- und Fortbildungen zum Thema aktive Pädagogik, Interkulturalität und Sprachanimation von uns "Teamern" gefördert.

Vogelperspektive: Gelber Tisch und junge Leute, die Domino spielen, die ZweiteDaher mutierte diese Woche die Dolmetscherin |schon vor dem| zum Aufwachen immer zur Vorturnerin, Animateurin und Sprachlehrerin. (Wo ich im Naturzustand doch eher ein Morgenmuffel bin ...)

Vogelperspektive: Gelber Tisch und junge Leute, die Domino spielen, die DritteTipps, was und wie dabei gemacht werden kann, finden sich hier. Weil in den ersten fünf Minuten immer noch Nachzügler eintrudelten, habe ich mit raumsparender Gymnastik angefangen. Raumsparend deshalb, weil unser Gruppenraum erst ab zehn Uhr halbwegs leise war ... und der Ersatzraum zu klein.
Also spielten wir für weiteres Aufwachen, für gute Gruppendynamik, zudem als Hörschulung, zum Fördern der Körpersprache und Erlernen erster Worte.

Wortkette mit Zeichnungen: Fahrrad, Wolke, Meer, Müll, Biene, Vogel, Laden ...Das Gros der Teilnehmer kam ohne Kenntnisse der anderen Sprache an. Die anderen, Französisch-Leistungskurs im Abi, bekamen im Laufe des Tages passende Tipps in Sachen Wortwahl und Aussprache.

Am Ende der einstündigen "Sprachanimationen" stand oft "Tischarbeit" auf dem Plan.

In binationalen Tandems haben die Teil­neh­merin­nen und Teilnehmer ihr eigenes "Überlebensvokabular" erarbeitet und einander beigebracht. Erste Stadt- und Umweltbegriffe kamen zuvor schon spielerisch vor. Außerdem haben sie sich aus ihrem eigenen Grundvokabular ihr eigenes Domino gebastelt und wiederholt damit gespielt. Das Ganze ergänzen Vokabellisten aus der Hand der Dozentin, damit alle nachschlagen können, was sie gelernt haben.

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Fotos: C.E.

Montag, 17. Dezember 2012

Restmüll

Hallo! Sie lesen hier im Arbeitstagebuch einer Dolmetscherin und Übersetzerin für die französische Sprache, die in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Politik, Kultur und Bildung tätig ist.

Andere Länder, andere Sitten ... Die letzten Tage dolmetschte ich bei einem Öko­design­work­shop für Studenten aus Frankreich und Deutschland.

Mülltonne mit einem Einwurf
Dass manches Umweltproblem in Frankreich erst später ins allgemeine Bewusstsein dringt, wurde mir schlagartig klar, als April 1986 die Tscher­no­byl­Wolke hochgradig politisch korrekt an der fran­zö­si­schen Gren­ze halt machte und nur die deutsche Bevölkerung beunruhigte.
Auch "Asbest" ist so ein The­ma.

Vogelperspektive: An einem Tisch wird per Computer und Zeichenstift das Thema analysiert
Lange kannte ich dafür keinen französischen Begriff.
In mei­ner Teenagerzeit wussten in Deutschland sogar schon Schü­ler, dass das Zeug extrem gefährlich ist. Heute sind Wort und Problematik auch bei den links­rheinischen Nachbarn bekannt — amiante (m) "oder auf altem Fran­zö­sisch asbeste" schreibt Wikipedia.

Vogelperspektive: An einem Tisch wird mit Zeichenstift das Thema analysiert
Der Übergang vom passiven Sprachgebrauch ("Hör­ver­ständ­nis") in den aktiven ist ein Marker für die Veränderung von Sprachen und der da­hin­terstehenden Kultur.

"Restmüll" ... dafür gibt es in Frankreich heute auch noch nicht wirklich ein Wort, das von allen auf Anhieb ver­wen­det werden würde.

So sind die Begriffe dé­chets résiduels, wörtlich: "übrigbleibender Müll", und déchets non recyclables, "nicht recyclingfähiger Müll", derzeit eher noch Fach­ter­mini. Das spiegelt die Tatsache, dass dort die Mülleimer im städtischen Raum  meist nur einen Einwurfschlitz haben. (In Deutschland ja bis auf die Flächen der Bahn ja auch meistens so.)

Hausmüll wird auch in Frankreich oft getrennt, aber bei weitem nicht so selbst­ver­ständ­lich und systematisch wie hierzulande, wobei zu unserem großen Erstaunen beim westlichen Nachbarn Plastik und Papier in ein- und dieselbe Tonne kommen. Könnte mir das bitte mal jemand erklären?

Warum Deutschland solch ein Vorreiter in Sachen Umwelt ist, lässt sich schnell erklären, dazu genügt ein Blick auf die Landkarte. Deutschland hat nur wenig natürliche Grenzen, bekam oft den Dreck von den Nachbarn ab (Luft, Regen ...), und Frankreich war nicht nur seltener den Umweltverschmutzungen der direkten Nachbarn ausgesetzt, es gibt nach Norden und Westen und in manchen Teilen des Südens einfach schlicht niemanden, der sich be­schweren würde ...

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Fotos: C.E., Analyse des Bestehenden. Die Ergebnisse
des Workshops werden im April auch in Berlin ausgestellt,
die Fotoreihe ergänzt. Hinweis folgt an dieser Stelle.

Sonntag, 16. Dezember 2012

Weihnachtsmarkt

Bienvenue! Sie sind auf der Seite einer Dolmetscherin und Übersetzerin für die französische Sprache gelandet. Hier schreibe ich über meinen vielseitigen Alltag. Sonntags werde ich privat.

Heute war ich auf dem Weihnachtsmarkt. Es war allerdings nicht irgendein Weihnachtsmarkt. Der Himmel war blau, daher habe ich oft hochgesehen.

Die Kontraste haben mir gefallen. Jetzt bin ich von meinem mehrtägigen Arbeitsausflug fast schon wieder zurück ...


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Fotos: C.E.

Samstag, 15. Dezember 2012

Storytelling

Hallo, hier bloggt eine Dolmetscherin und Übersetzerin. Samstags steht hier immer der Link der Woche.

Storytelling ist das Wort, das ich im Geschäftsbereich derzeit überall höre. "Wir müssen Geschichten erzählen", sagen selbst Hersteller über ihr Produkt, wenn sie eine Kampagne starten. Profs erzählen Anekdoten, und auch ich habe mich immer besonders gut im Studium an das erinnert, was in etwas Größeres eingebettet war und dabei noch zum Lachen oder einfach nur zum Nachdenken angeregt hat.

Auch Redner auf internationalen Konferenzen könn(t)en durch gutes Erzählen bestechen, sogar doppelt, denn ein spannend erzählter Vortrag verdolmetscht sich einfach leichter.

Diese Woche hat mir ein Artikel darüber gut gefallen, wie das Gehirn aufs Geschichtenerzählen reagiert, den möchte ich hier heute gerne teilen: What listening to a story does to our brains von "Buffer".
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Donnerstag, 13. Dezember 2012

Brabbelwasser

Willkommen et bienvenue beim ersten Blog aus der Inneren der Dolmetschkabine Deutschlands. Meine Arbeitssprachen sind Deutsch, Französisch und Englisch (C-Sprache). Hier denke ich öffentlich über unseren Arbeitsalltag nach.

In der Kabine mögen wir kein sprudelndes Mineralwasser, denn die kleinen Bläschen können gerne mal auf halbem Weg hängenbleiben, oder aber sie bahnen sich den Weg wieder nach oben.
Daher gibt es, einer eher privaten Definition zufolge, "Krabbelwasser" und "Brabbelwasser", das eine ist das Gegenteil des anderen. (Für alle, die Deutsch als Fremdsprache sprechen: "brabbeln" bedeutet so viel wie "vor sich hinsprechen" ... oft eher unverständliches Zeugs.)

Avec ou sans gaz?, fragt der garçon de café in Frankreich, oder avec ou sans bulles? "Medium", wie es auf Neudeutsch heißt, ist in in Paris, aber auch in der "Provinz", bislang nahezu unbekannt. So wie unsere schöne, deutsche Apfelschorle.

Wer Leitungswasser trinken möchte, bittet um eine carafe d'eau (siehe auch Château Robinet oder Château de la Pompe).

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Fotos: C.E.

Mittwoch, 12. Dezember 2012

Blogwichteln

Bonjour beim Blog einer Sprachmittlerin. Heute lesen Sie hier, was eine Texterin schon immer mal übers Dolmetschen wissen wollte — und endlich zu fragen wagt ...

— Gastbeitrag von Heike Abidi, Werbetexterin und Autorin —

Was haben der Dolmetscher, das Gulasch, die Kutsche, der Tolpatsch und die Paprika gemeinsam? Es handelt sich bei all diesen Begriffen um Hungarismen — also um Lehnwörter aus dem Ungarischen.
Als Sprachwissenschaftlerin finde ich das schon mal sehr interessant. Aber es ist angelesenes Wissen, genau wie der Blogbeitrag, den ich vor Jahren mal über das Berufsbild des Dolmetschers für die „Protextbewegung“ schrieb:
Berufsprofil Dolmetscher
„May the force“ oder „May the fourth“?
Simultandolmetscher arbeiten, so ist immer wieder zu hören, unter ähnlich hohem Druck wie Fluglotsen. In rasantem Tempo müssen sie hören, beobachten, auch Unausgesprochenes verstehen, vorausdenken, übersetzen und sprechen zugleich. Und das ohne Zeit für Rückfragen oder Zweifel. Und am besten auch ohne Fehler, denn die könnten — beispielsweise bei politischen Konferenzen — zu diplomatischen Krisen führen. Oder, wie bei der Pressekonferenz des Star-Wars-Regisseurs George Lucas, zu unfreiwilliger Komik: Weil der Dolmetscher das berühmte Filmzitat „May the force be with you“ offensichtlich nicht kannte, übersetzte er mit „Am vierten Mai sind wir bei euch“ ...

Für Dolmetscher ist eben jeder Auftrag wie eine Prüfung  und dabei gibt es keine Joker!

Mündliche Übertragungen braucht man nicht nur in Politik und Medien, sondern vor allem auch in Behörden, Organisationen und der Wirtschaft.
Üblicherweise haben Sprachmittler eine spezielle Ausbildung an einer Fachakademie, Fachschule oder Hochschule absolviert und verfügen zudem über eine exzellente Allgemeinbildung. Ein zweisprachiger Hintergrund ist von Vorteil, aber noch längst kein Ersatz für Sprachbegabung und Sprechtalent, aber auch Belastbarkeit und Fingerspitzengefühl.
Im Rahmen der Blogwichtelaktion 2012 des Netzwerks Texttreff wurde mir das Blog der Berliner Dometscherin Caroline Elias zugelost — eine wunderbare Gelegenheit, all das, was ich schon immer übers Dolmetschen wissen wollte, zu erfahren. Indem ich sie ganz einfach interviewe. Und los geht’s!

Heike: Während Übersetzer sich manchmal viel Zeit nehmen, um exakt die passende Entsprechung eines Wortes in der anderen Sprache auszuwählen, muss das bei Euch Dolmetschern ja in Sekundenschnelle gehen. 
Gibt es da Tricks?

Caroline: Naja, wenn gute Vorbereitung als Trick gilt, dann wäre das mein erster.
Ich arbeite und denke mich ein ... und nutze dazu alle Kanäle. Dazu meine ich nicht nur möglichst viele Medien, sondern auch Sinneskanäle: Ich lese viel, unterstreiche, schreibe auf, male Wortfelder, sehe Filme, höre Radiosendungen ... und spreche über das Thema, mit Freunden zum Beispiel. Damit entstehen optimale Vernetzungen im Hirn, denn wir müssen die Begriffe ja am besten genauso anwenden wie jene, für die wir dolmetschen: Völlig selbstverständlich, als hätten uns nie andere Themen beschäftigt. Und in der Kabine gibt's weitere Tricks: Wir haben elektronische Wörterbücher bei der Hand, sind nicht selten online, arbeiten einander zu. Denn Dolmetschen ist Teamarbeit, und so, wie wir Kollegen uns mit dem Sprechen abwechseln, so können wir uns auch die fehlenden Begriffe oder Zahlen "zuschieben".

Wie lange am Stück schafft man es überhaupt, zu dolmetschen: Eine Stunde? Zwei? Den ganzen Tag? Wie viel Konzentration ist da gefragt und wie lädt man zwischendurch die Batterien wieder auf?

Bei Konferenzen und in der Politik wechseln wir uns alle 20 bis maximal 40 Minuten ab. Länger ginge schon, geht aber an die Substanz — und das Ergebnis wird schlechter. Bei Dreharbeiten ist unsereiner alleine mit "seinem" Star, da gibt's dann einerseits 'chillige Momente', da merke ich gar nicht, wenn ich Small talk dolmetsche, und andererseits das hektische Moment des Drehs selbst. Zwischendurch heißt es immer wieder warten, oft mehr Pausen, als nötig sind. Ich bin die Verfechterin von Kurzschlaf, Meditation, Siesta und Gehmeditation, je nachdem, was möglich ist. Es geht mir vor allem darum, das Hirn nicht in der üblichen Weise anzustrengen. Ich fotografiere zwischendurch sehr gerne, da werden andere Areale angesprochen.

Wenn Sprachen sich im Satzbau stark unterscheiden und — beispielsweise im Deutschen — das alles entscheidende, dem Ganzen den Sinn verleihende Verb erst ganz am Ende des Satzes auftaucht, wie geht man dann bei der Übersetzung vor? 
Müsst ihr dann tricksen?
Oder vielleicht sogar rätselraten?

Durch die Vorbereitung ahnen wir oft, wo der Betreffende "hinwill", der Fachbegriff dafür ist "Antizipation". Schachtelsätzen rücken wir mit Salamitaktik zu Leibe: Immer, wenn es möglich scheint, bringen wir schon mal einen abgeschlossenen Inhalt zum Besten, natürlich stets in der Hoffnung, dass am Ende nicht die Negation des Ganzen aufgerufen wird. Das geschieht aber nur selten, und auch hier lassen sich am Ende Pirouetten finden à la "... möchte man annehmen, aber das Gegenteil ist der Fall!"

Wenn man als Dolmetscher mal daneben liegt, kann man sich nicht nur selbst lächerlich machen (so wie im oben zitierten Star-Wars-Beispiel), sondern im schlimmsten Fall eine Staatskrise auslösen oder diplomatische Verwicklungen. Ist man da aufgeregt?

So schnell scheuen die Pferde nicht, und Staatskrisen durch unsereinen sind höchst selten ;-) Aber die Aufregung bzw. ein hoher Adrenalinpegel entstehen trotzdem immer wieder. Ein wenig Aufregung ist ja gut, das macht uns Menschen wacher. Trotzdem kennen wir auch so etwas wie Routine. Häufiger als Peinlichkeiten der beschriebenen Art sind fehlende Termini. Auch die Zuhörer haben ihre Routine. So dass sie manchmal gar nicht merken, wenn wir einen bestimmten Fachterminus nicht sofort parat haben, erst umschreiben, und ihn dann aufgreifen, wenn er von den Rednern selbst benutzt wird.

Muss man auch manchmal, eben um solche Krisen zu vermeiden, beim Übersetzen ein wenig glätten? Beispielsweise, wenn sich ein Gesprächspartner etwas im Ton vergreift? 

Die klassische Lehrmeinung will, dass wir immer eine oder zwei Stufen im Sprachniveau "hochgehen", wenn so etwas passiert. Die jüngeren Kollegen vertreten mehr Direktheit, da scheint sich gerade was zu ändern.

Ist Dir derlei schon mal beim Dolmetschen passiert?

Oh ja. Bei einer Ausstellungseröffnung hat der frühere Lebensgefährte einer Ikone der literarischen Welt mal zum Laudator gesagt: ... vous n'avez rien compris, Monsieur, vous êtes un con ! Jetzt heißt dieses con in seiner freundlichen Variante vielleicht Depp, aber das kam hier mit einer solchen Wucht, nur abgefedert durch das Monsieur, dass ich arg ins Schwitzen kam. Vor mir die 'Hautevolaute' des deutsch-französischen und Potsdamer akademischen Betriebs sowie meine Studenten, die alle genau wussten, was da gesagt worden war. Außerdem hatte ich ihnen gerade beigebracht, dass im Film- und Kunstbereich falsche Rücksichtnahme fehl am Platz wäre.

Ich habe also versucht, die Wucht zu mildern, den Satz mit Distanz und leise auszusprechen, was den Kraftausdruck schon geschwächt hat, und bastelte mir eigenmächtig noch etwas hinzu ... "Mir scheint, Sie haben nichts verstanden — und mit Verlaub, Sie sind ein Arschloch!" Und ich war heilfroh, dass die Sache durchging, dass der Streit nicht eskalierte. Zu schlimm wäre es gewesen, wenn am Ende die Dolmetscherin am Abbruch eines vielversprechenden mehrtägigen Colloquiums Schuld gewesen wäre ...

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Fotos: C.E.

Dienstag, 11. Dezember 2012

Privatissimum

Willkommen beim Blog einer Spracharbeiterin. Ich verdiene meine |Brötchen| Croissants mit Übersetzen und Dolmetschen für Menschen aus der Politik-, Kultur- und Modewelt. Hier schreibe ich über meinen Berufsalltag. Heute gewähre ich einen Blick in meine Trickkiste.

Laden auf, Blick in die Trickkiste ... und das Ganze verbinde ich gleich noch mit einer kleinen Warnung.

Da ich ja meine Ausbildung zur Dolmetscherin parallel zur Arbeit als Journalistin absolviert habe und von den verschiedensten Kreisen (Filmproduktion, Literatur) damals schon seit Jahren zum Dolmetschen herangezogen worden war, meist im kleinen Kreise, beschlich mich regelmäßig eine gewisse Unsicherheit, als ich die ersten wirklich großen Aufträge bekam. Ich war deshalb unsicher, weil ich ja nicht alle Tricks und Techniken einer fertig studierten Dolmetscherin kannte und weil ich beobachten musste, dass so manche Menschen die Arbeit von Sprachmittlern nicht richtig einschätzen konnte, im schlimmsten Fall über die Notwendigkeit, Pausen zu machen, großzügig hinwegsahen (beim konsekutiven Dolmetschen) oder sich weder um ein normales Sprechtempo noch um eine ausreichend laute Artikulation bzw. Nähe zu Mikrofon bemühten (beim simultanen Dolmetschen).

Kurz gesagt: Ich hatte eine Riesenangst.

Füße eines Mannes in schwarzen Schuhen mit schwarzen Anzughosenbeinen, Beine einer Frau in blauer Stoffhose mit Fragen auf den Knien, Füße in dunkelgrauer Anzughose mit Notizblock drauf. Angeschnitten ein Couchtisch mit Wasserglas. Teppich und Möbelstoffe von der schweren, eleganten Sorte ...
So kam ich auf meinen "Trick". Ich bat immer darum, den betreffenden Menschen zuvor kennenlernen zu dürfen ... damit mich dieser ab dann hoffentlich als Person mit Bedürfnissen und Engagement wahrnehmen würde, deren Arbeit auch und gerade von der Kooperation der Redner abhängt. Noch einen Grund gab es für die Bitte.

Diesen Grund gab ich übrigens stets als Hauptgrund an: Jeder Mensch spricht anders, es ging mir darum, mich einzuhören. Themen und Motive variieren von Projekt zu Projekt und von Einsatz zu Einsatz, auch deshalb bot sich ein Vorgespräch an.

Noch heute bitte ich oft, aber nicht immer, um diese Möglichkeit. Heute kann ich mich auf die Sprechweise vieler Berühmtheiten im Internet einhören und auch rasch lesen, was zu diesem oder jenem Projekt bereits veröffentlicht wurde. Mancher Gast hat seine Tabus, an die besser nicht zu rühren ist, auch das spricht man besser vorher ab. Mitunter kommt aber auch ein Mensch von der PR zu uns Sprachmittlern und rattert eine Liste runter ... derlei wird natürlich nie aufgeschrieben! Und das war's dann mitunter auch schon mit dem fine tuning.

Neulich saß ich mit einem berühmten Künstler aus dem Bereich Mode und Kosmetik zusammen, leider gab es vorab keine Zeit sich kurz kennenzulernen. Austragungsort war eines der elegantesten Hotels einer europäischen Hauptstadt, très chic ... und ein kleiner Hochsicherheitstrakt: Nur mit den codierten Karten, die als Zimmerschlüssel fungierten, ließ sich der Fahrstuhl bedienen. Sieben oder acht Interviews waren innerhalb eines Tages zu dolmetschen, Einzelinteviews, das ist  d e r  Luxus verglichen mit den Press Junkets, die vor Filmstarts üblich sind. Wir waren in einer Hotelsuite untergebracht. Zwischen den Gesprächen gab es etliche Pausen, Monsieur zog sich in die Schlafgemächer zurück, ich ging aus dem großen Salon in den kleinen, um mir neuen grünen Tee aufzubrühen. Nach 15, 20 Minuten Pause kam die nächste Journalistin oder der nächste Journalist. Wir hatten einen klaren Stundenplan und hielten uns dran.

Kurz: Immer, wenn ein neuer Journalist ankam, hatten wir von uns aus unsere Pause schon beendet und saßen in einem kurzen Gespräch beeinander. Einmal gerieten wir ins Plaudern. Der nächste Pressevertreter kam nicht, die Berühmtheit hatte viele Fragen, ich auch, die Zeit verging wie im Fluge. Mehr als zwanzig Minuten später ging die Tür auf, die PR-Damen und der Mann von der Presse, der diesmal wieder eine Frau war, standen höchst irritiert im Zimmer. Sie wären im Aufzug steckengeblieben, erzählten sie, denn das iPhone habe die Karte mit dem Code demagnetisiert ...

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Foto: C.E.

Montag, 10. Dezember 2012

Ko-Kabine

Bienvenue, welcome, beim Blog aus dem Inneren der Dolmetscherkabine. Meistens stelle ich meine Einträge am Übersetzerschreibtisch fertig. Ich arbeite in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Kultur und Soziales. Dabei ist es wichtig, die jeweiligen Fachtermini zu kennen.

Auch unser Beruf hat seinen Fachjargon. So kam es zu einem lustigen Verhörer mit Folgen ...

Die Kollegin, mit der ich im "Kaschtl" für die französische Sprache sitze, ist meine "Ko-Kabine" ... wie "Kopilot" oder colocataire für "Mitbewohner".

Kinderhandschrift: Spion ausrüstung 2. Fehrngläser, 4. Wokki Tokis, 3. Taschenmesser, 1. Lupe
Jeder Beruf hat seinen spezifischen Jargon
Ein freundlicher Dolmetschkunde, der als Teil einer Gruppe von uns eine Woche lang auf einer Fortbildung 'beschallt' wurde, hat das Wort nicht richtig verstanden. Und so brach ganz schnell ein Flirt ab, der eindeutig vielversprechend begonnen hatte.
Er hatte nämlich nicht "Ko-Kabine", sondern "Konkubine" verstanden.
Mehr sage ich jetzt nicht ... discrétion oblige.

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Foto: C.E., Quelle: weltbester Patensohn

Sonntag, 9. Dezember 2012

Crêpes au Wurst

Willkommen auf den Seiten einer Übersetzerin und Dolmetscherin aus Berlin. Französisch ist meine Zweitsprache und -kultur, manchmal ergeben sich lustige Vermischungen, vor allem dann, wenn ich privat werde wie an dieser Stelle immer sonntags.

Das war ein ruhiger Sonntag! Fußball im Schnee, dann einen Gang über den Flohmarkt, das Mittagessen ist noch in weiter Ferne. Wir machen an einem Crêpes-Stand halt.

Und wer kann sich nicht entscheiden? Naja, wir natürlich! Alle Varianten werden hin- und hererwogen. Der schönste Vorschlag ist echt deutzösisch: la crèpe au Wurst. Wir haben es dann doch nicht gewagt, weil der Crêpesteig süß war und die in der heimischen Bretagne übliche salzige Variante mit Buchweizenmehl (le sarrasin) für den Berliner Markt nicht vorgesehen war. Aber wir holen die Erfindung demnächst mal zu Hause nach! C'est promis, versprochen! 'Hot dog' à la frallemande!


Am späten Nachmittag wollen wir lesen und eine Reportage sehen für den Arbeitseinsatz morgen. Das kann ganz entspannt an ein- und demselben Tisch passieren. Und weil wir vorher nochmal Fußball spielen waren, ist dem jeune homme heiß und er sitzt im T-Shirt am Tisch. (Nein, die Wohnung ist nicht überheizt.)


Dann zünden wir dieses Dingens an, naja, das Teil mit dem einzigen deutschen Wort mit drei "z", das sich hinter dem Laptop versteckt: Adzvenzkranz. Aber diese Zeiten sind lange her und Erwachsene, die daran erinnern, peinlich. Mach' ich nicht wieder! Ehrenwort!

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Fotos: C.E.

Samstag, 8. Dezember 2012

Isolierung

Hallo beim Blog einer Dolmetscherin und Übersetzerin! Hier können Sie mehr über unsere Arbeit erfahren. Heute folgen wie oft samstags meine Links der Woche.

Neulich berichtete ein Meeresforscher auf der Konferenz zu Biokunststoffen von den feinsten Mikrofasern (dünner als 1 dtex (Gramm pro 10.000 Meter)), die auch die beste Kläranlage nicht aufhalten kann. Von denen lösen sich bei je­dem Wasch­gang bis zu 2000, zum Beispiel von meiner geliebten Fleecejacke aus Cannes. In ihr habe ich schon Nachtdrehs als Dolmetscherin gut ausgehalten. Das ganze Team trug Fleece. Und weil es ein umwelt­be­wusster Dreh war, hatte jeder sein festes Trinkgefäß mit Namen. (Das war eine Ausnahme. Der Bedarf eines durch­schnitt­li­chen "Tatort" liegt bei 5750 Plastikbechern: Ca. 50 Leute sind täglich am Set, je­de(r) verwendet am Tag fünf Plastikbecher, multipliziert mit inzwischen nur noch 22 Drehtagen. Danke, M., für diese Zahlen.)

Die Mikrofasern, genauer Polyester und Acryl, gelangen durch die Flüsse ins Meer. Sie wurden schon in der Tiefsee entdeckt. Ihre Abbauzeit beträgt bis zu 450 Jahre. In der Zwischenzeit reichern sich Kleinstlebewesen mit diesen Fasern an, die von Fischchen gefressen werden, die wiederum von größeren Fischen ge­fres­sen wer­den. Kurz und einfach: Am Ende landen sie auf dem Teller.

Viele bunte Fische, von Kinderhand gestaltet
Machen wir die Meere wieder sauber!
Die toxikologischen Aus­wir­kun­gen der Mikrofasern auf Le­be­we­sen sind bislang kaum erforscht. Aber Mikroplastik ist das Asbest des frühen 21. Jahrhunderts, eventuell nicht im Grad der individuellen Ge­fähr­dung von Menschen am Arbeitsplatz, dafür aber als Ge­fähr­dung un­ser al­ler Ge­sund­heit durch sei­nee enorm gro­ße Ver­brei­tung und die Pro­ble­me der Ent­sor­gung.

Hier der Link zu einer sehr gut gemachten Seite mit Hintergrundinfos: Klick! Dazu passt der Film, der die Dämmung unserer Häuser kritisch unter die Lupe nimmt: Klack!

Wir kleiden uns und unsere Häuser nicht selten in Sondermüll. Bei über 80 % der "Sanierungen" wird hochgradig entflammbares Polystyrol verwendet, weil eine voll­stän­di­ge Dämmung aus Mineralwolle zu teuer scheint. Und wenn die Dämm­fas­sa­de nicht zu 100 % korrekt montiert wurde, bildet sich Kondenswasser zwischen Mau­er­werk und Plastikhülle, es schimmelt. Damit die Außenhaut und der Putz nicht schimmeln, werden Gifte zugesetzt, die in den ersten fünf "Lebens"jahren dieser Plastikhaut nach außen treten. Mit der Zeit werden sie ausgewaschen. Das Gift gelangt über das Regenwasser auf Höfe und Gärten, wo Kinder spielen, dann ins Abwasser. Die Folgen wurden kaum untersucht.

Mein heutiger Beitrag hat wieder zwei Enden. Erstmal ein praktischer: Was mache ich mit der Fleecejacke und den geliebten Mikrofaserputztüchern? Wie entsorgen? Das habe ich die Wissenschaftler zu fragen vergessen. Ich hole diese Frage hier nach. Hilfe, bitte!

Dann ein politischer: Wie kann es sein, dass so kritiklos offensichtlich schädliche Din­­ge nicht nur genehmigt, sondern zur Norm werden? (Energiesparlampe mit Queck­sil­ber, Dämmfassaden aus billigem Plastik, Nanopartikel und ihre bislang un­zu­rei­chend erforschten Auswirkungen ...) OK, hier verdient eine große Industrie viel Geld und die Mieten steigen darüberhinaus auch kräftig an. Wo waren da die Politiker? Wenn das so weitergeht, muss ich in meinem nächsten Berufsleben in die Politik!


P.S.: Hier ein Filmbeitrag, der in die gleiche Richtung geht: Fassaden vergiften Flüs­se (verfügbar bis 21.10.2017). Stichwörter: WDVS, Biozide, Nervengifte, Ter­bu­tryn, Schimmel an der Fassade, Energiesparen.
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Illustration: Klasse des weltbesten Patensohns (Archiv)

Donnerstag, 6. Dezember 2012

Im Cinéma Paris

Will­kom­men beim Blog aus der Dol­met­scher­ka­bine. Ich arbeite in den Be­rei­chen Wirt­schaft und Po­li­tik, So­ziales und Kul­tur. Manch­mal dolmetsche ich auch vor Publikum, zum Beispiel bei Filmpremieren. Durch meinen Beruf kann ich Trends beobachten. Kunst im Gefängnis ist ein Thema, das in letzter Zeit wiederholt von Spielfilmen aufgegriffen wird.

Zwei Frauen vor dem Kinovorhang
Nathalie von Bernstorff, französische Botschaft (rechts),
und die Autorin dieser Zeilen
"Weil wir ja heute Abend einen Film über Tango vor­stel­len, bin ich extra zuhause vorbeigegangen und habe mich schick gemacht", sage ich und weise auf das Kleid und die zum Tanzen ge­eig­ne­ten Schuhe.
Wir sind im kleinen Bistro am Cinéma Paris und bereiten die Berlinpremiere eines belgischen Films vor.

Bei dem Streifen geht es grob gesagt um Tango im Gefängnis. Philippe Blasband, der als Ko-Autor am Drehbuch beteiligt war, schaut erst mich an, sieht dann an seinem dunkelblauen Pulli hinunter auf die Schlabberjeans, zwinkert mit den Augen und sagt: "Und ich habe mich als Knacki verkleidet!"

Gestern erlebte ich schließlich doch noch einen echten Festivaltag auf der Fran­zö­si­schen Filmwoche, Job inklusive. Echter Festivaltag, das bedeutet eben unter Umständen, den Film erst zusammen mit dem Publikum kennenzulernen und sich dann während des Films Fragen zu notieren. Immerhin konnte ich mich im Internet auf die Begegnung vorbereiten, Dokumente lesen, mich auf seine Sprechweise einhören. Und dann kam es eben zu besagtem kurzen Vorgespräch.

Zu viele Vorgespräche sind immer schlecht, die Spon­tan­e­i­tät leidet später oft darunter, also habe ich nur kurz einige Themen gestreift. Zu mehr kamen wir auch nicht, die Veranstalter betraten den Gastraum, erhielten Aufmerksamkeit, dann eine Gruppe von Politikern.

Denn den Abend bereicherte eine Delegation von Parlamentariern, die Wallonie-Bruxelles International (WBI), der Zusammenschluss der französischsprachigen Verwaltung, auf eine mehrtägige Bildungsreise nach Berlin geschickt hatte.

Umzug ins Cinéma Paris: Vorreden, Begrüßungen, Danksagungen! In dieser Phase ist das Protokoll immer sehr wichtig, da empfiehlt sich vorab Auswendiglernen, damit im Stress alles sitzt.

Film ab! "Tango libre" von Frédéric Fonteyne ist dichtes, emotionsgeladenes und darüber hinaus auch noch wunderbar fotografiertes Kino. (Eine Filmkritik folgt pa­ral­lel zum Start im Sommer.)

Ich bin froh, mich inzwischen in diesen Momenten in den Film "fallenlassen" zu können. Das war nicht immer so, anfangs überwog das unangenehme Gefühl, gleich noch arbeiten zu müssen. Hier hilft erstens die erste Berufsausbildung als Journalistin, zweitens Routine und drittens gelernt zu haben, den "Schalter" einfach umzulegen.

Ein Mann und eine Frau vor dem Kinovorhang
Was für ein beschwingter Ab­schluss der Filmwoche! Das Gespräch war entspannt und pointiert und leider recht kurz, weil das Abendprogramm zu spät losging. Aber zuvor, als der Abspann lief, hatte ich Philippe Blasband gefragt, ob wir den Witz mit der Kleidung vor Publikum wiederholen sollten.

Seine Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: "Ich bin Drehbuchautor, kein Schauspieler!" Daher sei die Pointe, die das Publikum verpasst hat, hier nach­ge­tragen.

Und die Liste der Eigenschaften, die für den Dolmetscherberuf nötig sind, wird hiermit um einen Punkt erweitert: Schauspielerfähigkeiten. Und, wenn auch pa­ral­lel zum Dolmetschen Moderation gefragt ist, schließlich noch Sinn für Dra­ma­tur­gie. Beim nächsten Mal werde ich mir die Anmoderation zur Pointe im Vorfeld ver­kneifen, wenn ich nur irgendwie erahnen kann, dass mein Gegenüber "anbeißen" könnte ...

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Fotos: Nicole Ackermann

Mittwoch, 5. Dezember 2012

Madame 'Örst

Hallo und bonjour auf den Seiten eines Blogs aus der Welt der Sprachen. Ich schreibe hier regelmäßig über den Berufsalltag und wie wir Dolmetscher und Übersetzer diesen mitunter erleben. Heute blicke ich zurück.

Im Gegenlicht: Menschen sitzen um einen runden Tisch herum, auf dem Mikrofone stehen
France Culture auf der Berlinale, u.a. mit Romuald Karmakar,
Heike Hurst und Angela Schanelec
Das Haar trug sie stets rot, und wenn jemand es wagte, ihren Familiennamen Hurst passend zum Vornamen auf Deutsch auszusprechen, also mit an­ge­hauch­tem "H" und ein­fa­chem "U", schaute sie böse drein und korrigierte in ein amerikanisch klingendes 'Örst.
Die Unidozentin, Autorin, Mo­de­ra­torin und Übersetzerin Heike Hurst ist letzten Freitag in Paris gestorben.
Sie wurde 74 Jahre alt.

Ihr Filmwissen, ihr scharfer Blick und ihre ebenso scharfe Zunge werden uns feh­len.

Mit Heike war ich mehr bekannt als befreundet. Sie hat mich immer beeindruckt. Wir hatten viele Gelegen­heiten uns zu verpassen, einige Male waren wir im ent­schei­den­den Moment trotz­dem für­ein­ander da.

Nein, sie war nie meine Dozentin, und doch hatte sie mich im Pariser Goethe-Ins­ti­tut in der 2. Hälfte der 1980-er Jahre bemerkt — und sorgte dafür, dass ich mit knapp 23 Jahren als Studentin mein erstes Panel dolmetschen durfte, in Vertretung einer erkrankten Dolmetscherin. Am Anfang meiner Berlinalejahre war Heike die Einzige, die mir anschließend immer noch Tipps gab.
Manche sprachliche Trennschärfe meiner Mutter­sprache hatte ich in Paris vor­über­ge­hend eingebüßt, und so stand sie im Saal und flüsterte mir zu, während sie eine imaginierte Tür weit öffnete: "Die Tür mach auf, jetzt steht sie offen!" (Auf Fran­zö­sisch gibt es diese Unterscheidung nicht.) Und als ich anfing, an Hoch­schu­len in Berlin und Bran­den­burg zu unterrichten, bot sie mir ihre Beratung an, die ich gern (über die Film­­aus­wahl hinaus) ent­ge­gen­nahm.

Einmal durfte ich mich revanchieren. Vor mehr als sieben Jahren musste in Tü­bin­gen der Leiter der franzö­sischen Filmtage gehen, für den Heike viele Jahre lang Film­reihen kuratiert hatte. Von ihr gab es zunächst kein Interesse, auch im neuen Team mitzumachen. Ich habe sie dann angerufen und wieder ins Boot ge­holt. Dort hat sie erst vor wenigen Wochen ihre letzte Filmreihe dem Publikum vorgestellt. Noch am Mitt­woch hat sie in Paris ihre letzte Radio­sendung moderiert. Am Don­ners­tag haben wir sie in Berlin vermisst, bei den rendez-vous franco-allemand du cinéma, dem 10. Filmtreffen, bei dem Termin hat sie nie gefehlt. Freitagmorgen ist sie gestorben.

Merci beaucoup, Heike ! Bon voyage ... et bons films !

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Foto: privat (Archiv)

Dienstag, 4. Dezember 2012

Medienarbeit

Willkommen auf den Seiten meines Blogs. Ich arbeite im Bereich Sprache für Politik, Wirtschaft und Medien. Im letztgenannten Sektor müssen wir immer mehr um angemessene Honorare kämpfen, denn die Medienlandschaft hat sich nicht zu ihrem Besten verändert. Einblicke!

Außer der Reihe geht die Woche mit Linktipps weiter.

Wohin hat sich die Medienbranche entwickelt? Da dieses Blog wegen meiner Spezialisierung auf Film und Kino von Leute gelesen wird, die sich für Spracharbeit in genau dem Bereich interessieren, hier der Link zu einem erschütterten Filmdokument.

Der Bundesverband Fernsehkameraleute hat unlängst eine Podiumsdiskussion zum Thema der Arbeitsbedingungen in den Medien aus der Sicht der Kameraleute veranstaltet.

Die Diskussion über Medienproduktion am Existenzminimum haben die Kameraleute dokumentiert.

Der Verfall der Arbeitsbedingungen färbt auch auf uns Übersetzer und Dolmetscher für Film und Fernehen ab.

Wer erwägt, sich in diese Richtung fortzubilden (oder gar ein entsprechendes Masterstudium aufzunehmen), möge sich die knapp hundert Minuten gönnen, die das Programm dauert, oder mindestens das Impulsreferat anzuhören. (Danke nach München, HAL!)

Gut verdienen in der Branche nur die Spitzenleute. Aber um an die Spitze zu gelangen, braucht es Routine. Und die jahrelange Arbeit, um die Routine zu erlangen, wird nicht mehr angemessen honoriert. Auch nicht die notwendige Basisarbeit.

Viele arbeiten (selbst für die öffentlich-rechtlichen Sender) am Rande der Legalität. Oder aber sie sind aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, den Beruf aufzugeben. Das Praktikantenunwesen ist ein Teil des Problems. Auch das Überangebot an Qualifizierten zählt dazu.

Etliche Aktive verdingen sich in ihrer Not an einer der wie Unkraut aus dem Boden schießenden staatlichen und privaten Ausbildungsstätten, um wenigstens ein geringes regelmäßigen Einkommen zu generieren. Ich sehe bislang noch keinen Ausweg aus der wirtschaftlichen Misere, habe aber gehört, dass die neue Rundfunkgebühr, die nach Haushalt erhoben wird, eine mehrere hundert Millionen schwere Summe mehr in die Kassen des öffentlich-rechtlichen Systems spülen wird.

Es wäre ein Beweis für human sense, diese Themen im Alltag erfolgreich zusammenzubringen ... und auch Geld für freie Produktionen zur Verfügung zu stellen. (Hier ein Tipp aus der Industrie.) "Wetten, dass ..." daraus nichts wird? Wer nachweislich dafür sorgt, dass doch: Ihn (oder sie) bekoche ich höchstpersönlich bei mir zu Hause mit einem Fünf-Gänge-Menü, Champagner inbegriffen.

Zweites Thema: Wo Schatten ist, ist auch Licht ... hier noch ein gutes Beispiel.

Ideenklau ist in manchen Medienunternehmen an der Tagesordnung. Letzte Woche erfuhr dies eine Bloggerin, die in ihrer Tageszeitung einen schlechten Verschnitt der eigenen Modekolumne lesen musste. (Hier ist die ganze Geschichte.)

Die Bloggerin war mutig, hatte aber auch nichts zu verlieren. Sie machte den Vorgang öffentlich ... und hatte Glück! Jetzt darf sie die Modekolumne weiterführen. Bravo sage ich der Zeitung, die "Die Welt" heißt. Gut reagiert!

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Bilder: Screenshots / Rechte bei BVFK

Montag, 3. Dezember 2012

City/Cité

Hallo und Guten Tag beim digitalen Notizblo|ck|g aus dem Leben einer Übersetzerin und Dolmetscherin für die französische Sprache. Derzeit übersetze ich viel. Zwischendurch betreibe ich Wortfeldarbeit. Blick auf den Schreibtisch.

Nicht nur wir Dolmetscher brauchen Hintergrundinformationen, das gilt auch für Sprecher und Regisseure von Sprachenfassungen. Und obacht, Falle: Die Worte City und cité sehen fast gleich aus, bedeuten aber nicht das Gleiche.

"In Europa ist Armut minderjährig" heißt es in der sehenswerten Reportage "Gemachte Armut" (la fabrique de pauvres) von Lourdes Picareta (SWR/Arte). Im deutschen Kommentar des Films höre ich in der 24. Minute: "Mehdi willl Architekt werden. Er besucht die Schule in der City, ist auf Nachhilfe angewiesen im Sozialzentrum des Viertels."

Geht der 15-Jährige wirklich in der City zur Schule, also in der Innenstadt? Oder ist es nicht vielmehr die cité, also die Vorstadt? Das erste Wort endet auf "i", das zweite auf "e". Bei der deutschen Fassung höre ich eindeutig City, auf Französisch heißt es Medi veut devenir architecte. Il est scolarisé au collège de secteur et suit des cours de soutien scolaire au centre social du quartier.

Die Bilder erzählen uns nicht, ob er "hier" (siehe Foto) auf die Schule zustürmt oder gleich das centre social de quartier betreten wird, das sich mit "Nachbarschaftsheim im Wohngebiet" übersetzen lässt. (Diesen Begriff kenne ich zumindest aus Neukölln.)

Ich weiß also nicht, ob es die Mutter geschafft hat, ihren Sohn woanders als in direkter Nachbarschaft in der Schule anzumelden. Da ich zögere, wie es das collège de secteur zu übersetzen gilt, vielleicht gibt es eine Musterübersetzung dazu, suche ich einen Nachweis zum Wort, da ich Begriffe immer überprüfe, als wären es journalistische Informationen, am liebsten mit mehr als zwei Fundstellen.

Dabei finde ich eine Diplomarbeit aus dem Jahr 2008 über "Interkulturelle Erziehung in Frankreich" von Sigrid Eliot. So, und die habe ich gleich mal abgespeichert für die Vorbereitung der nächsten Bildungskonferenz.

Noch muss ich den zweiten Teil der Reportage sehen. Dazu habe ich die Fassungen in jeweils ein Fenster geladen. Immer, wenn sich mir eine Frage stellt, vergleiche ich.

Weiß jemand, wo ich meine Word-Datei zum Download bereitstellen kann?

Gerne lade ich am Ende die Lexik hoch, wenn sie fertig ist, also meine (leicht ergänzte) Dokumentation der Arbeit der Kolleginnen und Kollegen der Arte-Sprachenabteilung. Zunächst muss ich aber noch herausfinden, wie ich die Sprachen der jeweiligen Spalten markieren kann, damit die Rechtschreibkontrolle nicht alles so nervös rot unterkringelt. (Merkwürdig: Die "Sprachenwahl" ist verschwunden. Wie kann das sein?)


P.S.: Und immer wieder hadere ich mit der deutschen Fassung. Warum sind Stellen wie der Rap in der 26. Minute nicht untertitelt? Hier wird doch Inhalt vermittelt! Beim gerapten Wort impasse, Sackgasse, setzt der Kommentar wieder ein und greift eben dieses Wort auf, was allerdings nur in der französischen Fassung funktioniert.
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Foto: Screenshot/Arte. Der Film kann noch bis
einschließlich Dienstag am frühen Abend bei
Arte+7 gesehen werden.

Sonntag, 2. Dezember 2012

hell und dunkel

Bonjour! Sie haben eine Seite eines digitalen Arbeitstagebuchs angesteuert. Hier schreibe ich über meinen Alltag als Dolmetscherin und Übersetzerin. Ich arbeite in Berlin, Paris, Köln, Nizza und dort, wo ich gebraucht werde. Am Wochenende schalte ich in den Privatmodus und sonntags veröffentliche ich hier meine "Sonntagsbilder".

"Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten." Bei mir bedeutet das dieses Wochenende: Arbeit! Im Dezember versuchen viele Kunden, das in knapp drei Wochen zu erledigen, wozu alle sonst vier Wochen Zeit haben.

Der Samstagmorgen ging hell los. Schnee!

Tagetes mit grünen Blättern (unscharf), im Hintergrund Baum mit Schnee und Restlaub (scharf)
Tagetes mit grünen Blättern (scharf), im Hintergrund Baum mit Schnee und Restlaub (unscharf)

Nach der Morgenschicht ging ich zum Brunchen mit Freunden. Dann eilte ich weiter: Nachmittagstermin in Vorbereitung einer EU-Fortbildung in Nizza. Früh wurde es dunkel, das wenige Licht, das es am Tag schaffte, zu uns durchzudringen, zog sich schon im Laufe des Nachmittags zurück.

Diese Woche habe ich viel gearbeitet. Beim Samstagnachmittagsjob saß ich neben einem Gast aus Frankreich und flüsterte simultan, die Kollegin ging konsekutiv ins Deutsche. Das Dolmetschen lief wie automatisch. Der Einsatz war nicht kompliziert. Aber das Gehirn mochte nicht so recht. Ich merkte, dass ich zwischendurch kurz vor dem Einschlafen war. Danach eilte ich ins Kino: Filmwoche. Wie schön, auch mal nur Teil eines Publikums zu sein; jeden Abend lerne ich dieser Tage spannende Leute kennen: Die Entspannung dazu hatte ich in Zeiten, in denen ich jeden Tag noch moderiert und gedolmetscht habe, nicht gehabt.

Hinten die Dämmerung, im Vordergrund sitzende Menschen, Rucksäcke, ein Tisch

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Fotos: C.E.

Samstag, 1. Dezember 2012

début du week-end

Hallo beim Blog aus der Dolmetscherkabine für die französische Sprache! Oft texte ich meine Einträge aber auch am Übersetzerschreibtisch. Am Wochenende werde ich privat.

Tischtuch, Serviette, Wasser- und Weißweinglas, Brotkrümel und Kerze im Windhauch
Ja, die Franzosen sagen trotz der bekannten Sprachenpolitik in der Tat week-end für "Wochenende"!
Unser Wochenendauftakt in Berlin war so, als wären wir in Paris gewesen: Auf den preußischen Champs Elysées ("Qdamm") die Zeitung Le Monde kaufen, und schnell noch einen exprèss (Espresso) vor Beginn des Films schlürfen.

Anschließend ins Cinéma Paris eilen, die Kinoschlange ist auch frankreichtypisch, erst einen Film, dann noch einen sehen, weil's so schön war (Französische Filmwoche), sich vor Ort noch Berlin Poche (ein wenig wie Pariscope) schenken lassen, anschließend ins Brel am Savignyplatz und dort soupe à l'oignon und moules fines de claire (aus der Bretagne) mit pommes frites essen (und auf ein sorbet als dessert verzichten), das war unser Freitagabend!

Über etliche Filmwochenfilme werde ich noch auf der (nicht gewinnorientierten, aber hochprofessionell gemachten) Seite Franzoesischerfilm.de schreiben, wenn diese im Kino anlaufen ...

Die Auswahl der Filmwoche ist vielversprechend. Wer nicht in Berlin wohnt, braucht indes nicht traurig zu sein: Es handelt sich um Vorabaufführungen von Filmen, die bald regulär ins Kino kommen.

Voilà !, das waren meine Links der Woche. Schönes Wochenende allerseits!


P.S.: Leider dolmetsche ich nicht mehr für die französische Filmwoche. Derzeit beobachte ich an mancher Stelle einen doppelten Trend der Einsparung von Mitarbeitern und der Banalisierung des Unprofessionellen. Neulich war ich auf einer Veranstaltung, da kokettierte jemand aus dem journalistischen Bereich mit den eignen mageren Fremdsprachenkenntnissen — vor Publikum und anstelle einer Verdolmetschung. Die Veranstalter scheinen sich derzeit eher "dolmetschende" Journalisten als moderierende Dolmetscher vorstellen zu können. Wie gesagt, das ist ein Trend. Trends ändern sich, nicht zuletzt auch durch Rückmeldungen des Publikums und (Absagen) der Protagonisten (für die nicht selten das auf Deutsch Gesagte nur rudimentär oder gar nicht übertragen wird).
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Foto: C.E.

Donnerstag, 29. November 2012

Bretagne!

Bonjour! Sie haben eine Seite meines digitalen Arbeitstagebuchs angesteuert. Als Dolmetscherin und Übersetzerin bin ich in Berlin, Paris und überall dort tätig, wo ich gebraucht werde. Ich arbeite für die Politik, Medien, Wirtschaft und in der Kultur. Heute geht's auf eine kleine Reise, was sicher am grauen Novemberwetter liegt.

Möven,, Meer und ein zerzauster HaarschopfAch, die Bretagne! Meine alte Heimat! Gewissermaßen ... Wenn mich Bretonen kennenlernen, freuen sie sich immer, denn der Name Elias klingt so, als stamme er vom bretonischen Familiennamen Helias ab. Aber darum geht's jetzt eigentlich nicht.

Heute folgt mal wieder eine Schnurre zum Thema "Dolmetschwerdung". Ich weiß, derlei interessiert nicht jeden. Also: Wir reisen zurück ins 20. Jahrhundert.

Tschüss und bis morgen an jene, die nur an Aktuellem interessiert sind!

Schön, jetzt sind wir unter uns. Also: Es war einmal eine blondbezopfte Göre, die mit ihrer Mutter in die Bretagne fuhr. Da die Mutter Lehrerin war und viele gute Freunde hatte, fuhren an die 20 Erwachsenen mit den dazugehörigen Minis in den großen Ferien in den Urlaub. Wir waren gefühlte sechs Wochen weg. Hinzu ging es sehr langsam, wir tourten in Frankreich von Loireschloss zu Loireschloss, so wurde ich früh (weiter) für Geschichte begeistert.

Und dann waren wir eine kleine Ewigkeit in Quiberon. Heißt es "in Quiberon" oder "auf"? Quiberon ist eine Halbinsel, auf Französisch presqu'île, was Fast-Insel heißt. Und da unter den 20 Lehrern auch eine Französischlehrerin war, wanderte so manche Info bis zu meinen Ohren weiter. Fast-Insel fand ich klasse und hatte gleich zwei Worte gelernt.

Steiniger Strand, Äste ragen ins Bild
Wir waren auf dem Zeltplatz. Morgens durfte ich zum Bäckerwagen, zwei Hörnchen und ein Stangenweißbot kaufen. Macht vier Vokabeln, un, deux, croissants, baguette.
Wir spielten im Sand, schwammen, segelten, lasen, tobten durch die Zelte, eine Horde von Kindern, ich die Älteste. Und dann hatten wir Taschengeld, das war unter die Leute zu bringen. Ein Eis, Vanille und Erdbeere: une, glace, vanille, fraise.

Aha, es gibt also "ein" und "eine" ... und dann noch citron, chocolat, caramel, das klang alles bekannt.

Die kleinen Kinder konnten sich nicht immer so gut merken, was nun was jeweils heißt. Also entstand automatisch eine Kommunikationssituation, die damals niemand Kommunikationssituation genannt hätte, wo ich, die Älteste, mir immer versucht habe, neue Vokabeln gut zu merken und oft, wenn ich was vergessen hatte, nochmal bei der Französischlehrerin nachfragte und dann meinerseits von den anderen Kindern gefragt wurde und die Wörter wieder in Umlauf brachte. Sehr schnell hat sich ein Sprachhandel auf Gegenseitigkeit eingestellt: Ich erhielt neue Begriffe von den anderen gebracht, prüfte sie mit der Fachfrau, gab sie bei Bedarf weiter.

Menschen auf einem Ausflugsschiff, Kleidung und Farben der 1970-er Jahre
Le camping, la libellule, le sable, c'est à moi!, je m'appelle ... offenbar hatten wir Kontakt mit kleinen Franzosen.

Und dann kam der magische Moment, indem ich durch Ausprobieren selbst lernte und erfuhr, dass eine Vokabel mehrere Bedeutungen haben konnte. Wir waren Obélix' Hinkelsteine ansehen gegangen, ich musste mal aufs Klo, als ich wiederkam, war meine Gruppe ganz vorne.

Vor mir eine dichte Wand aus Menschen. Und was tat ich in meiner Not? Ich trat den Wartenden auf die Füße, entschudigte mich dafür, wie es sich gehört, pardon!, das sagte ich wohl recht laut, so dass sich andere Touristen umdrehten und dann den Platz frei machten. Ich merkte erstaunt: Pardon geht zum Durch-eine-Menge-Kommen auch ohne vorheriges Auf-die-Füße-Treten. 

Abends habe ich meine Entdeckung mit der Lehrerin besprochen. Ich war sehr stolz auf meine Erfahrung. Und ich wurde sehr gelobt.

Das geschah im Sommer, als ich acht Jahre und vier Monate alt war. Ja, ich denke, auch solche Erfahrungen können Grundsteine für künftige Lebensformen legen (denn der Dolmetscherberuf kommt mir oft mehr wie eine Lebensform als wie ein Beruf vor).
Auch die anderen wurden damals für ihr Leben geprägt. Mein Patchworkbruder Joachim (so nannte man das damals auch noch nicht) fährt gerne und oft mit seiner Familie in den Urlaub ... am liebsten nach Frankreich.

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Fotos: Uta Elias, Natascha Firl