Samstag, 27. August 2011

Pirol ...

... heißt Loriot übersetzt, ich hatte ihn hier schon vor einigen Wochen zitiert. Einige französische Freunde fanden diesen Sketch schon immer skurril, andere Filme brachten sie aber selten zum Schmunzeln. Mich auch nicht. Bis auf meine Lieblingsnummer, die ich am Ende gerne zeige.

Loriot ist trotz des französischen Namens in Frankreich so gut wie unbekannt, meine Wir-bauen-uns-einen-Atommeiler-Freunde lachen als Germanisten ... und die Sache ist sicher vor allem deshalb für sie so besonders, weil ihr Heimatland bislang an die 80 % des Stroms aus Atomenergie generiert.

Der in der vergangenen Woche verstorbene Komiker fand auch bei einigen extra befragten Youngsters unter zehn nicht viel Gnade. Mich irritierte, dass so viele Nachrufe darauf abhoben, dass Loriot "typisch deutsch" sei. Der zweifellos gnadenlos begabte Mann spiegelte Deutsches wider, aber es war ein Land, das auch mir in seinen Ausläufern fast nicht mehr bekannt war: Das spießige Westdeutschland der Wiederaufbaujahre. Viele meiner Generation kennen, was davon in den 60-er und 70-er Jahren noch übrig war, andere eben nicht. Es ist keine Frage deutscher Identität, sondern eine Sache des Alters und des soziokulturellen Umfelds, der Herkunft.

Ich habe ein langes Nachdenkwochenende gebraucht, um diesen Eintrag, der ein Nachtrag ist, zu schreiben. Dann fand ich, was mich bestätigt: Den Artikel einer jungen, französischen Journalistin, nach deren Lektüre ich mich nicht mehr so allein fühle. Céline Béal, sie schrieb in der taz, hält den französischen Humor für nicht subtil genug für Loriot.

Die Journalistin hat auch die Generationsunterschiede im Blick, wenn sie von der Feststellung ausgeht, dass ihre Freundinnen mit Berta oder Herrn Müller-Lüdenscheidt nicht viel gemein hätten — so verfängt der Humor nicht, es entsteht kein befreienden Gelächter über sich selbst. Indes: Es gebe die Erinnerung an das gemeinschaftliche Betrachten dieser Filme, die durchaus zu Lachen fühlen könne, so ähnlich, wie es in Frankreich Louis de Funès und sein für die jungen Leute altmodisches Werk gibt.

Diese Programme seien eben jene Filme, auf die man sich an "einem warmen Sommerabend bei den Großeltern (...) einigen" konnte. Und während de Funès "schnell in Zorn, Aggressivität oder Empörung" gerate, überhaupt sei er "selbstbewusster", wirkten Vicco von Bülows Figuren "maßvoll" bis "glanzlos". Deshalb sei wohl eine besondere Feinsinnigkeit vonnöten ...

Die Journalistin, die von der Frühstückseiszene ausgeht, resümiert ihre Seherfahrungen mit: "Diese Sache mit dem verdammten Ei verstehe ich jedoch immer noch nicht."

Dem kann ich mich nur anschließen. Ich verstehe nicht, worin hier die "typisch deutsche Art" liegen soll, die in den Nachrufen immer beschworen wurde.
Jetzt der versprochene Lieblingssketch. Ich finde ihn lustig, weil sicher jeder von uns in der Dolmetscherkabine mal einen verbalen Rohrkrepierer und Phrasendrescher erlebt hat ... Und das Filmchen kommt auch bei vielen Franzosen gut an! RIP, Pirol!

mit englischen Untertiteln,
denn etliche Freunde mussten es probesehen

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Film: YouTube / Vicco von Bülow

1 Kommentar:

U. hat gesagt…

Hi Caro, das geht mir aber genauso wie Dir, und ich bin eine halbe Generation älter als Du. Es ist eine recht seltene Spießigkeit, die er hochnimmt.

Freu mich auf Samstag!
LG, Ulrike