Montag, 20. Juni 2011

Profile und Orte

Diese Woche widme ich mich in diesem öffentlich geführten Logbuch von den Arbeitsplätzen einer Übersetzerin und Dolmetscherin dem Thema "Referenzen". Los geht's mit Profilen und Arbeitsorten.

Ein Dolmetscher ist ein Dolmetscher ist ein Dolmetscher (und unterscheidet sich von seinen Kollegen durch Sprachkombination und Interessensgebiete). Ein literarischer Übersetzer ist ein literarischer Übersetzer und ein Fachübersetzer für Kulturwirtschaft ist kein Fachübersetzer für Informatik. Ein Übersetzer von Urkunden und Firmenkorrespondenz ist nochmal was anderes, obwohl das viele Kollegen (gerade in den ersten Berufsjahren) nebenher auch noch erledigen. 

Ja, es tut mir leid, dass mein Berufsstand auf viele Menschen so verwirrend wirkt, aber es sind die gleichen Menschen, die sich detailliert damit auseinandersetzen, ob sie nun zu einem Arzt der Inneren Medizin, zu einem Augenarzt oder einem Ohrenarzt gehen sollten. Und die, bevor sie das Haus verlassen, in der Regel telefonisch einen Termin ausmachen.

Klingelbrett (verfremdet)
Heute Nachmittag, ich sitze in ein Drehbuch vertieft, um einen Kostenvoranschlag zu erstellen, klingelt das Mobiltelefon. Eine männliche Stimme ist dran: "Ich bin vor Ihre Gebäude. Ich nicht weiß, welche Knopf ich muss drücken."

Große Irritation auf meiner Seite. Ich bringe in Erfahrung, dass er einen Dolmetscher braucht, für wann und wozu? "Ja, sofort, ich ... wir sind vor Ihre Haus."

Wir? Sind andere Gesprächsteilnehmer gleich mitgekommen? Ich frage weiter. "Es ist meine Frau, sie ist auch gekommen. Ich hier habe eine Text zu dolmetschen. Und welche Klingel bitte führt zu Ihre Büro? Haben Sie eine Dolmetscheriene, die Zeit hat für uns?"

Ja, da ist sie wieder, die Verwechslung von Übersetzern und Dolmetschern (siehe Untertitel des Blogs). Eine Verwechslung, die auf zu wenig Phantasie oder Erfahrung mit unsereinem zurückzuführen ist, der/die ja auch oft unterwegs ist, sich wie gesagt über die Jahre immer mehr spezialisiert, zumindest beobachte ich das bei allen Kolleginnen und Kollegen, die in großen Städten leben.

Der gute Mann hat vermutlich kurz im Netz recherchiert, gesehen, dass in unmittelbarer Nachbarschaft zu seiner Wohnung eine Fachkraft verzeichnet ist und dann wohl gemeint, hier ein Büro mit vielen emsigen Menschlein vorzufinden, die ohn' Unterlass akkurat Texte in verschiedene Gerätschaften tippen oder in diversen Kämmerlein sitzen und sprechen oder wie?

Doch es sieht alles anders aus. Ich arbeite im Arbeitszimmer zu Hause. Kundenverkehr hatten wir für die wenigen Dokumente, die anfielen, viele Jahre in einem externen Büro, das jetzt aber aufgegeben wird, auch, weil genau diese Situation zu selten vorkam bzw. das Übersetzen und Beglaubigen von Dokumenten für Leute, die viel auf Konferenzen, in Kinos oder Archiven sitzen, mühselig ist, denn die Kunden erscheinen zur Abholung nicht immer zum verabredeten Zeitpunkt. Oder sie suchen ungefragt vor der Haustür nach der Klingel ...

Daher unsere Bitte, und ich komme auf das Motto der Woche, Referenzen, zurück: Informieren Sie sich vorab über die Fachrichtung der "Dolmetscheriene", die Sie interessiert, so wie bei Fachärzten ja auch. Und machen Sie dann einen Termin aus.

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Foto: C.E. (für alle, die sich bei der Story an die
Kurierdienstankedote erinnert fühlen, der Beweis,
dass mein Name inzwischen gut auffindbar ist.)

1 Kommentar:

R. hat gesagt…

Lustige Geschichte! Du machst kaum noch Dokumente, hab ich das richtig verstanden? Naja, bei Eurer Reisetätigkeit kann ich mir vorstellen, dass Deine "Mitbewohner" was anderes tun möchten als in Deiner Abwesenheit Dein Büro zu managen.
Aber schade ist es trotzdem. Ich finde, das Übersetzen von Dokumenten liefert manchmal doch lustige oder schräge Einsichten in den Alltag der lieben Zeitgenossen, auch wenn wir natürlich, psssst!, schön verschwiegen sind ;-)
Danke nochmal für das Buch Sonntag. Hab's fast schon aus. Herzliche Grüße, R.